Johann Heinrich Füssli
Die Erschaffung Evas, 1791 - 1793
Als eines der ersten Bilder eines umfassenden Zyklus zur Illustration von John Miltons (1608–1674) Versepos Paradise Lost (1667) vollendete Füssli die hochformatige Erschaffung Evas. Über dem Körper des schlafenden Adam, mit dem sie noch an den Fußspitzen verbunden ist, streckt sich Eva auf einer Wolke einer geistartigen Gestalt entgegen, die ihre linke Schulter ergreift. Die Figurengruppe ist als dynamisch bewegte Spirale angelegt. Während Adam und Eva in Licht und Schatten klassizistisch modelliert sind, ist das Geistwesen körperlos. Die Körper sind in kaltem Licht erfasst und setzen sich dramatisch gegen den dunklen Hintergrund ab. Um die dritte Figur, die Füssli als Mittler zu Gott auffasste, entbrannte ein Streit mit dem Auftraggeber William Roscoe, sodass das Gemälde nicht in dessen geplante Milton Gallery aufgenommen wurde. Mit der traumartigen Darstellung der Szene wendet sich Füssli von der Tradition sakraler Malerei ab und weist damit auf das profane Bildverständnis des 19. Jahrhunderts voraus.
Daniel Koep