Christian Wilhelm Ernst Dietrich

Der Satyr als Gast der Bauern, um 1739

Die Fabel nach dem griechischen Dichter Aesop erzählt (Anm. 1), wie ein Satyr, der zu Gast bei einer Bauernfamilie ist, den Hausherrn beobachtet, der durch seinen Atem seine Hände wärmt. Als dieser beim Essen auf dieselbe Art seine Suppe kühlt, springt der Satyr fassungslos auf (zum Thema vgl. auch Inv.-Nr. 30717). Die Moral ist, dass man sich vor jemandem hüten soll, der „mit einer Zunge“ heiß und kalt bläst, weil er nicht vertrauenswürdig ist.
Dietrichs Zeichnung steht in der Tradition der zahlreichen Darstellungen des Themas von Jacob Jordaens (1593–1678). So entspricht der Satyr nahezu vollkommen spiegelbildlich einem Satyr auf einer Zeichnung von Jordaens.(Anm. 2) Dietrichs Blatt ist die Vorlage zur seitenverkehrten Radierung von 1739.(Anm. 3) Bereits 1735 hatte sich Dietrich in einer Radierung mit Aesops Fabel beschäftigt (Anm. 4), die Vorzeichnung zur Radierung befindet sich heute in Leipzig.(Anm. 5) Auch in Zeichnungen hat Dietrich wiederholt das Thema aufgegriffen. Eine Studie befand sich ehemals in der Sammlung Franck und ist 1896 versteigert worden.(Anm. 6) Bereits 1888 war eine Zeichnung Dietrichs zum Thema versteigert worden (Anm. 7), ob es sich um dasselbe Blatt handelt, ist nicht feststellbar. Dasselbe gilt für ein Blatt, das sich ehemals in der Sammlung Arnold Otto Meyer in Hamburg befand.(Anm. 8)

Peter Prange

1 Aesop-Phaedrus, Fabel 126.
2 Paris, Ecole Nationale Supérieure des Beaux-Arts, Inv.-Nr. Masson 493, vgl. Roger A. d’Hulst: Jordaens Drawings, Bd. 1, Brüssel 1974, S. 145–146, Nr. A 51, Abb. 58.
3 Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 14461 und 31451, vgl. J. F. Linck: Monographie der von dem vormals K. Poln. und Churfürstl. Sächs. Hofmaler und Professor etc. C. W. E. Dietrich radirten, geschabten und in Holz geschnittenen malerischen Vorstellungen. Nebst einem Abrisse der Le-bensgeschichte des Künstlers, Berlin 1846, S. 102–104, Nr. 40.
4 Ebd., S. 100–102, Nr. 39.
5 Leipzig, Museum der bildenden Künste, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. I. 21854, vgl. Sammlung von Handzeichnungen und Aquarellen aus verschiedenen Hinterlassenschaften. Alte Meister des XV. bis XVII. Jahrhunderts. Meister des Goethe-Jahrhunderts […]. Neuere Meister […], Aukti­on 75, 22.11.1906 und folgende Tage, Amsler & Ruthardt, Berlin 1906, S. 43, Nr. 287.
6 Aquarelle und Handzeichnungen alter Meister des XV.-XVI­II. Jahrhunderts sowie von Künstlern unserer Zeit meist aus dem Besitze eines süddeut­schen Kunstfreundes, Auktion 53, 8.–10.6.1896, Amsler & Ruthardt, Berlin 1896, S. 14, Nr. 171.
7 Katalog einer ausgezeichneten und reichhaltigen Sammlung von Kupferstichen, Radierungen und Holzschnitten, interessanten Ornament-Stichen, sowie von Zeichnungen und Aquarellen Alter und Neuer Meister, Auktion 40, 30.5.1888 und folgende Tage, H. G. Gutekunst, Stuttgart 1888, S. 78, Nr. 1096.
8 Alte Handzeichnungen des XV.-XVI­II. Jahrhunderts aus der Sammlung Arnold Otto Meyer, Hamburg, aus altem Leipziger und anderem Besitz. Berühmte Spezialsammlung von Handzeichnungen Anton Graff’s, 19.–20.3.1914, C. G. Boerner, Leipzig 1914, S. 23, Nr. 189.

Details about this work

Feder in Schwarz, laviert, schwarze Kreide 206mm x 282mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22988 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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