Jan van den Hecke d. Ä., zugeschrieben
Joris van Son, ehemals

Stillleben mit Buckelpokal, 1652

ja Auf einem Tisch mit grüner Decke steht ein goldgetriebener Buckelpokal erhöht auf einer Spanschachtel, daneben eine angeschnittene Melone, ein Messer und ein gefüllter Römer. In einer Zinnschale liegen Weintrauben, Pfirsiche, ein Apfel, Feigen, Pflaumen und ein aufgeplatzter Granatapfel, auf den beiden Zinntellern vorn Zitrusfrüchte sowie Käse mit Gebäck. Dargestellt sind ferner ein Streugefäß mit einem P auf dem Dekkel (= Pfeffer?), ein Steinkrug mit der Darstellung Josephs und Potiphars Weib (?) und ein Flötglas.
Die Komposition wurde von hinten nach vorn aufgebaut. Die Infrarotreflektographie zeigt eine vollständig ausgeführte und teilweise wieder übermalte Spanschachtel. Links neben dem Bukkelpokal war ursprünglich ein Deckelglas geplant; ein zweites, zum großen Teil übermaltes Flötglas ist am linken Rand zu erkennen. Pentimenti vor der Spanschachtel deuten zwei weitere Zitrusfrüchte an, die Orange war ursprünglich größer. Im Hintergrund zeichnet sich dunkel eine architektonische Form ab (Mauervorsprung oder Postament?). Die Kompositionsänderung könnte durch eine Verkleinerung der Leinwand verursacht sein; ungewöhnlich ist das nahezu quadratische Format.
Die Zuschreibung an Jan van den Hecke erfolgte durch Meijer.2 In den älteren Katalogen galt Inv. 324 als Werk von Joris van Son (1623-1667), der wie Van den Hecke in Antwerpen tätig war. Zarnowska stellte diese Zuschreibung in Frage und wies Inv. 324 mit Hinweis auf Stilleben von Juriaen van Streeck der holländischen Schule zu.3
Vergleichbare Stilleben mit Buckelpokal, Flötglas und Zinntellern finden sich auf datierten Gemälden Van den Heckes aus den vierziger Jahren.4 Sie gehen auf Prunkstilleben von Jan Davidsz de Heem zurück, der seit 1636 in Antwerpen eine große Werkstatt unterhielt. Motive wie die Spanschachtel oder die angeschnittene Melone weisen unmittelbar auf De Heem,5 dessen Stilleben häufig von opulenten Säulenbasen und Fensterdurchbrüchen hinterfangen werden.
Die Gegenstände auf Inv. 324 sind in hellen, kühl wirkenden Tönen gemalt, die Oberflächen jedoch weniger präzis als bei De Heem wiedergegeben. Ein ähnlicher Pokal mit silbernem Schmuckwerk findet sich auf einem Stilleben Van den Heckes, das bisher dem Umkreis De Heems zugewiesen wurde.6 Sein Prunkstilleben in Budapest mit geschälter Zitrone galt früher ebenfalls als ein Werk Jan van Sons.7 Seit den fünfziger Jahren ist eine Vereinfachung der Kompositionen Van den Heckes und eine klarere Zeichnung der Gegenstände zu beobachten, was auch für andere in Antwerpen tätige Künstler gilt.8 Die Jahreszahl 1654 auf dem Etikett kann nach Meijer als frühest mögliches Entstehungsdatum angesehen werden.

Thomas Ketelsen 2001

1 M.-L. Hairs, Les Peintres Flamands de Fleurs au XVIIe Siècle, 2 Bde., 3. Aufl., Brüssel 1985, Bd. 1, S. 313-317, Bd. 2, S. 27;
S. Segal, A Still Life of Flowers and Fruits by Jan van den Hecke, in: Tableau 12, 1990, H. 6, S. 36-38; Maere/Wabbes 1994, Bd. 1, S. 198.
2 Fred G. Meijer, Den Haag, briefl. Mitt. vom 23. 8. 1991.
3 Bergström sprach sich laut Katalog 1956 ebenfalls gegen die Zuschreibung an Van Son aus (mündl. Mitt. vom 15. 8. 1951).
4 Vgl. Holz, 50,2 x 70 cm, bez. J. van den Hecke fecit 1643, ehem. Slg. T. W. H. Ward, Hampstead, London; R. Warner, Dutch and Flemish Flower and Fruit Painters of the 17th and 18th Centuries, London 1928, S. 89, Taf. 39b. - Lw., 118 x 170 cm, 1645, Verst. 6. 7. 1983, London (Sotheby Parke Bernet), Nr. 20.
5 Vgl. Musée du Louvre, Paris, Inv. 1321 (1640); Katalog Paris 1979, S. 68. Zum Motiv der Spanschachtel Jan Davidsz de Heem und sein Kreis, bearb. v. S. Segal, Ausst. Kat. Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig 1991, S. 149-151, zu Nr. 16.
6 Holz, 67 x 91 cm, Slg. Chr. Langaard, Oslo (Foto Witt Library, Dutch School, 17th Century).
7 Lw., 78,5 x 98 cm, Szépmüvészeti Múzeum, Budapest,
Inv. 53.434; s. Delights for the Senses, Ausst. Kat. Szépmüvészeti Múzeum, Budapest; Leigh Yawkey Woodson Art Museum, Wausau (Wis.) 1989, S. 78 f., Nr. 19. Eine Silbertazza mit Früchten (ehem. Jan van Son) ist ebenfalls Van den Hecke zuzuschreiben, Holz, 44 x 29 cm, Verst. London (Sotheby Parke Bernet), 30. 11. 1983, Nr. 186.
8 G. Heinz, Geistliches Blumenbild und dekoratives Stilleben in der Geschichte der kaiserlichen Gemäldesammlungen, in: Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlungen Wien 69, 1973, S. 7-54, zu Van den Hecke S. 32 f.

Ausst.: La nature-morte hollandaise, bearb. v. Eugenia Zarnowska, Palais des Beaux-Arts, Brüssel 1929, S. 27, Nr. 88, Taf. 44 (als Van Son?); Georg Hinz. Das Kunstkammerregal, Hamburger Kunsthalle 1996, S. 45, Abb.
Lit.: Woermann 1907, S. 182, Nr. 217; Lichtwark 1912, S. 18, Nr. 14 (als Van Son); Katalog 1918, S. 154; Katalog 1921, S. 159; Katalog 1930, S. 150 f.; Katalog 1956, S. 143; Katalog 1966, S. 149.

Details zu diesem Werk

Leinwand cm x cm (Bild) Erworben 1912 Inv. Nr.: HK-324 Sammlung: Alte Meister Bildnachweis: Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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