Matthias Scheits

Musizierendes Paar

Das Bild hat den Charakter einer schnell hingeworfenen Farbskizze. Das Zimmer besteht nur aus Andeutungen von Räumlichkeit. Der geigenspielende Jüngling mit seinem federgeschmückten Hut lehnt an einem Tisch, während die singende Frau in einem Sessel sitzt, der sich eher ahnen als mit den Augen umreißen lässt. Die Laute, die hier links auf dem Boden liegt, ist das am häufigsten dargestellte Musikinstrument in den holländischen Malerei. Oft hat sie allegorischen Charakter. Scheits jedoch verknüpft das Thema Musik mit dem der Liebe. 257 Musizierendes Paar

Eichenholz, 29,8 x 24 cm. Bez. unten rechts M. S.
ZUSTAND: Kleinere Farbausbrüche links oben und im linken Rand.
PROVENIENZ: Schloss Ludwigslust 1821; Großherzogliche Gemäldegalerie, Schwerin 1879; dort 1898 aus Mitteln der Carl-Heine-Stiftung erworben.

In einem kaum angedeuteten Interieur musiziert ein junges Paar. Der Mann spielt auf der Geige und lehnt an einem Tisch, auf dem eine braune, mit silbernen Borten verzierte Decke liegt. Die vor ihm sitzende Frau ist singend gegeben, ihr Haar ist aufgelöst, auf dem Schoß hält sie ein Notenheft und ihr zu Füßen liegt eine Laute. Das hellgelbe Ober- und besonders das rote Unterkleid der Frau setzen deutliche Farbakzente inmitten der überwiegenden Brauntöne.
Die Skizzenhaftigkeit des kleinen, mit einem nur dünn lasierten Hintergrund versehenen Bildes hielt Bode für eine regelrechte »Lüderlichkeit der Zeichnung«.1 Konkreter ist diese Malweise mit ähnlichen, ebenso kleinformatigen Arbeiten Leonaert Bramers in Verbindung gebracht worden.2 Horstmanns Vorstellung dagegen, diese »Zersetzung der Malerei« wäre der Träger einer Vanitassymbolik, scheint weniger überzeugend.3 Tatsächlich ist dieser Farbauftrag mit einzelnen, pastosen Pinselstrichen bei Scheits auch in den bewegten Reitergefechten zu finden (vgl. Inv. 258).
Die in der holländischen Genremalerei des 17. Jahrhunderts verbreitete Metapher der Liebe – amor docet musicam – als ein harmonisches Duett hat zu zahlreichen vergleichbaren Darstellungen musizierender Paare, etwa von Jan Miense Molenaer, geführt.4 G. W.

1 Vgl. Bode 1891, S. 73.
2 Vgl. zuletzt Katalog 1966, S. 144.
3 Siehe Horstmann 1988, Tl. 1, S. 76.
4 Das Duett, Lw., 61,4 x 50,5 cm, Seattle Art Museum, und Musizierende, Lw., 68 x 84 cm, The National Gallery, London; siehe D. P. Weller (Hrsg.), Jan Miense Molenaer. Painter of the Dutch Golden Age, Ausst.-Kat. North Carolina Museum of Art, Raleigh 2002, S. 84-86, Nr. 7, und S. 87-89, Nr. 8 (Texte v. D. P. Weller).

AUSST.: Einführung 1905, S. 84, Nr. 429; Jahrhundert-Ausstellung deutscher Kunst 1650-1800, Residenzschloss Darmstadt 1914, S. 127, Nr. A 572; Das Sittenbild, National-Galerie, Prinzessinnen-Palais, Berlin 1936, S. 27,
Nr. 149; Birte Frenssen, Von Stutzern, Philosophen und Kesselflickern. Malerei des Barock in Hamburg, Hamburger Kunsthalle 1998, S. 33-36, Farbabb. 23.
LIT.: Friedrich Christoph Georg Lenthe, Verzeichniß der Gemälde, welche sich in der Großherzoglichen Gallerie zu Ludwigslust befinden, Parchim 1821, S. 154, Nr. 211 (als Bartolomeo Manfredi); Friedrich Schlie, Beschreibendes Verzeichnis der Werke älterer Meister in der Großherzoglichen Gemälde-Gallerie zu Schwerin, Schwerin 1882,
S. 572 f., Nr. 941 (als Matthias Scheits); Wilhelm Bode, Die Italiener, Franzosen, Altniederländer und Deutschen in der Schweriner Galerie, in: Die Graphischen Künste 14, 1891, S. 73; Jahresbericht der Kunsthalle zu Hamburg für 1898, Hamburg 1899, S. 47; Alfred Lichtwark, Matthias Scheits als Schilderer des Hamburger Lebens 1650-1700, Hamburg 1899 (Hamburgische Künstler, 2), S. 84 f., Abb. S. 77; Georg Biermann (Hrsg.), Deutsches Barock und Rokoko,
2 Bde., Leipzig 1914, Bd. 1, S. 101, Abb. 164; Bd. 2, S. XLVII; Katalog 1918, S. 147 f.; Katalog 1921, S. 152 f.; Victor Curt Habicht, Der niedersächsische Kunstkreis, Hannover 1930, S. 299 f., Abb. 155; Katalog 1930, S. 143 f.; Max Goering, Deutsche Malerei des siebzehnten und achtzehnten Jahrhunderts, Berlin 1940, S. 28, Taf. 16; Katalog 1956, S. 137 f.; Meisterwerke 1958, S. 34, Nr. 41, Taf. 37; Katalog 1966,
S. 143; Bruno Bushart, Deutsche Malerei des 17. und
18. Jahrhunderts, 2 Tle., Königstein 1967, Tl. 1, S. 19, Abb. S. 47; Götz Adriani, Deutsche Malerei im 17. Jahrhundert, Köln 1977, S. 101 f., Abb. 125; Maria Theresia Horstmann, Matthias Scheits. Gemäldeverzeichnis, 2 Tle., Magisterarbeit München 1988 (Ms.), Tl. 1, S. 74-76; Tl. 2, S. 3,
Nr. 11, Abb. 47; Meisterwerke 1994, S. 226, Farbabb. S. 54; Christiane Morsbach, Die deutsche Genremalerei im 17. Jahrhundert, 2 Bde., Phil. Diss. Mainz 2004 (Ms.), Bd. 1,
S. 388; Bd. 2, S. 177, Nr. Ia 21.7, Abb. S. 195.

Details zu diesem Werk

Öl auf Eichenholz cm x cm (Bild) Acquired with funds from the bequest of Beer Carl Heine (1810–1865), 1898 Inv. Nr.: HK-257 Sammlung: Alte Meister Bildnachweis: Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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