Friedrich Christian Nerly (Nehrlich)
Der Ponte San Francesco bei Subiaco, 1830/35
In seinen Ölstudien, Skizzen, Aquarellen und Zeichnungen offenbart Nerly eine erstaunliche stilistische Vielfalt. Zunächst noch in den exakten Schraffuren und Schattierungen vom Zeichenstil seines Gönners Rumohr beeinflußt, entdeckt Nerly in Italien das Licht des Südens. Der Wirkung des Sonnenlichts nachzugehen, bedeutet für Nerly, das Gesehene nun unmittelbarer zu erfassen. An die Stelle der Linie tritt die großflächige Pinsellavierung, bei der der fließende Pinselstrich breitflächig und tonreich den optischen Eindruck als Spiel von Licht und Schatten festhält.
Ein Beispiel für diesen Wandel hin zu einer malerischen Auffassung ist die Ansicht der Ponte San Francesco bei Subiaco, einem von Nerly des öfteren besuchten Nachbarort Olevanos. Kontrastreich hat Nerly die verschattete, 1358 erbaute Brücke gegen den in der Ferne, hinter dem Dorf liegenden Gebirgsrücken abgesetzt. Im Wechsel von Licht und Schatten wird der Blick des Betrachters auf die Brücke fokussiert, die als schwerer, schattiger Baukörper der dunstigen Unbestimmtheit des Hintergrundes vorgelagert ist. Die betonte Untersicht, in der die Brücke als steil aufragend erscheint, verstärkt diesen Effekt.
Wie sehr es Nerly bei der Ansicht der Ponte San Francesco darum ging, die Brücke im Licht und Schatten zu monumentalisieren, verdeutlicht der Vergleich mit einer Zeichnung, auf der die Brücke aus einem leicht veränderten Blickwinkel gezeigt wird (Erfurt, Angermuseum). Der Betrachter steht der aus größerer Entfernung aufgenommenen Brücke nahezu frontal gegenüber, so dass sie nun das von Landleuten belebte Vordergrundsmotiv einer Ansicht des in den Bergen liegenden Subiaco bildet.
P.P.