Hermanus Petrus Schouten

Das Dorf Leerbroek, um 1770 - 1780

Der hierzulande wenig bekannte Hermanus Petrus Schouten gehörte zu den produktiven topographischen Zeichnern der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Für den erstmals 1775 aufgelegten Atlas von Pierre Fouquet schuf er zahlreiche Illustrationsvorlagen. Viele dieser gezeichneten Entwürfe befinden sich heute im Stadsarchief Amsterdam.(Anm.1) Die stilistische Nähe zu diesen Zeichnungen lässt für die Hamburger Dorfansichten ebenfalls eine Entstehung zwischen 1770 und 1780 vermuten.
Auf dieser und der folgenden Zeichnung sind die benachbarten südholländischen Dörfer Leerbroek und Nieuwland dargestellt. Beide Ortschaften waren einander auch auf den Illustrationen Jan de Beijers im sechsten Band des „Verheerlykt Nederland“ zugeordnet (1757).(Anm.2)
In Komposition und Blickpunkt entwickelte Schouten allerdings eine eigenständige Interpretation des Motivs. So schafft auf Inv.-Nr. 22521 der Kanal eine Tiefendynamik, die der intimeren Komposition von De Beijer fehlt (vgl. Inv.-Nr. 21709b). Dort blickt man aus entgegengesetzter Richtung auf die hier im Hintergrund links dargestellte Brücke.
Offensichtlich beabsichtigte Schouten, beide Zeichnungen selbst zu reproduzieren. Doch nur für Inv.-Nr. 22520 ist eine korrespondierende Radierung bekannt. Der seitengleich ausgerichtete, leider undatierte Druck trägt die Bezeichnung „Het Dorp Leerbroek“ und ist mit 145 x 188 mm annähernd maßgleich.(Anm.3) Zur seitengleichen Wiedergabe wurden die Konturen zunächst verso mit Bleistift nachgezogen und anschließend von der Rückseite her mit dem Griffel auf die präparierte Kupferplatte übertragen.(Anm.4) Einige Details wurden auf der Radierung verändert bzw. hinzugefügt.

Annemarie Stefes

1 Z. B. „Raamgracht mit Turm der Zuiderkerk“, Gemeente Amsterdam, Stadsarchief, Sammlung Van Eeghen, Abb.-Nr. 010055000437, De verzameling Van Eeghen. Amsterdamse tekeningen 1600-1950, Zwolle 1988, Nr. 280; vgl. auch Abb.-Nr. 010055000436 und Abb.-Nr. 010055000434, ebd. Nr. 281 und 284.
2 Isaac Tirion: Verheerlykt Nederland, Bd. 6, Amsterdam 1757, Abb. 497 und 498; Spilmans Spilmans nach Entwürfen Jan de Beijers sind 1750 datiert. Wahrscheinlich kannte Schouten auch den annähernd gleichformatigen Stich seines ehemaligen Lehrers Paulus van Liender (1758), erwähnt bei Inv.-Nr. 21709 b.
3 Ein Exemplar des Stiches befndet sich z. B. in Den Haag, Nationaal Archief, Inv.-Nr. 1327.
4 Das gleiche Verfahren wurde angewendet auf zwei Zeichnungen in Amsterdam: Stadsarchief, Inv.-Nr. K 32-01, Abb.-Nr. 010097002084; Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1888-A-1784.

Details zu diesem Werk

Feder in Grau und Schwarz, grau laviert, Spuren von Bleistift; Einfassungslinien (Feder in Schwarz) Technik Verso: Bleistift 143mm x 187mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22520 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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