Alonso Cano, zugeschrieben
nach Jusepe de (Giuseppe, José) Ribera (Rivera), Maler

Der Hl. Antonius von Padua mit dem Christuskind, nach 1636

Die Zeichnung steht in engster Verbindung zu dem Gemälde Jusepe Riberas des „San Antonio de Padua“ im Museum der Real Academia de Bellas Artes de San Fernando in Madrid und ist 1636 datiert und signiert.(Anm.1) Sie zeigt, wie dem in einem Nebenraum des Hauses seines Gastgebers beherbergten Antonius beim Gebet das Christuskind erscheint. Der um das Wohl seines Gastes besorgte Hausherr beobachtete die wunderbare Erscheinung durch das Fenster, worauf Antonius durch das Christuskind aufmerksam gemacht wurde. Nachdem die Vision verschwand, untersagte Antonius seinem Gastgeber, solange er lebe, diese Begebenheit zu erzählen (Liber miraculorum, 22, 1–8).
Neben weiteren Replike(Anm.2) dieses Gemäldes befindet sich ein vor wenigen Jahren restauriertes Exemplar in der Kathedrale zu Granada, integriert im “Retablo de Jesús Nazareno”. In diesem Retabel befinden sich weiterhin einige kleinere Gemälde von Alonso Cano und drei Gemälde,(Anm.3) die seit ihrer Restaurierung im Jahre 2009 als eigenhändige Werke Riberas gelten. Das Exemplar der Kathedrale in Granada der Vision des hl. Antonius, als einziges der drei unsigniert, wird analog zum signierten und datierten Gemälde der Akademie in Madrid auf 1636 datiert.
Da weitere Werke des Retabels Alonso Cano zugeschrieben werden, ist es naheliegend, auch die vorliegende Zeichnung, mit “ALo Cno f.” bezeichnet, in diesen Zusammenhang zu sehen. Die Zeichnung wiederholt mit ruhigen und sehr präzisen Linien das Gemälde in allen dargestellten Details, sogar die lineare Stoffstruktur des Gewandes. Selbst der Christusknabe ist mit sehr zarten Kreidestrichen — der Fuß ist noch zu erkennen — bereits angelegt worden. Lediglich erscheint der ausgestreckte linke Arm des hl. Antonius samt der Hand in der Zeichnung etwas gerader und der Kopf stärker in den Nacken geneigt. Auffallendster Unterschied allerdings ist der geknotete Strick, das Cingulum, des Antonius: im Madrider Gemälde endet er mit dem dritten Knoten, im Gemälde der Kathedrale in Granada ist er um eine Ellenlänge verlängert, und in der Zeichnung erhielt der Strick am Ende des verlängerten Stückes sogar noch einen vierten, obwohl die Franziskaner tatsächlich nur drei solcher Knoten tragen.(Anm.4)
Offensichtlich wurde die Arbeit an der Zeichnung abgebrochen und das Blatt beschnitten. Die vollendeten Partien der unvollendeten Zeichnung — San Antonio, das “Stillleben” in seinem Rücken und der Tisch mit dem Buch rechts — wurden kompakt auf ein Trägerblatt montiert, der Tisch rechts näher an Antonius geführt, die Fehlstelle unten rechts auf dem Montageblatt ergänzt, und eine Umfassungslinie oberhalb der Signatur um die gesamte Zeichnung gezogen. Eine weitere waagerechte Linie ist am linken unteren Rand noch zu erkennen.
Mayer 1918 erwähnte sie als eine zwar “einwandfrei signierte”, aber “mäßige, derbe, in gewisser Hinsicht an Zurbaran erinnernde” Zeichnung, und Wethey (1952) schlug “Niño de Guevara" als ihren Autor vor, und da die eher trockene Linienführung der Zeichnung wenig mit den bekannten Zeichnungen Canos gemein hat. Ebensowenig nahm Zahira Véliz sie in ihren Katalog der Zeichngen Canos auf. Der von Mayer als “einwandfrei” bezeichneten Signatur Canos aber entspricht durchaus die einer weiteren, von Véliz in die Zeit 1635–1650 datierten Zeichnung.(Anm.5) Wegen der Signatur, den weiteren Gemälden Canos innerhalb desselben Retabels und die Idee, dass die Linienführung bei einer Kopie durchaus trockener sein kann, lassen die Eigenhändigkeit Canos der Zeichnung weiterhin möglich erscheinen.
Die Zeichnung kam mit der großzügigen Schenkung des Kunsthändlers Georg Ernst Harzens (1790–1863) an die “Städtische Galerie” der Stadt Hamburg, die damit verbunden verpflichtet wurde, die Kunstwerke so lange unter Verschluss zu halten, bis ein entsprechend angemessenes “Kunstgebäude” für die Sammlung errichtet wäre. Das war erst mit Eröffnung des Altbaus der Hamburger Kunsthalle im Jahre 1869 der Fall, die Harzen leider nicht mehr erleben konnte. Das Blatt markiert damit, gemeinsam mit Inv. Nr. 21450, den Beginn der Sammlung spanischer Zeichnungen des Hamburger Kupferstichkabinetts. Harzen selbst hatte sie mit vielen weiteren Blättern 1854 auf der Nachlassauktion des Händlers Samuel Woodburn in London ersteigert.(Anm.6)

1 Spinosa 2008, S. 409, A201: “Aparición del niño Jesús a San Antonio de Padua”, Öl auf Lwd., 262 x 206 cm, sign. und dat.: “Jusepe de Ribera/ F 1636”, Madrid, Real Academia de Bellas Artes de San Fernando.
2 Eine Kopie, mit deutlichen Varianten und in mäßigem Zustand befindet sich im El Escorial, darüber hinaus bewahrt das Museo Nazionale de Capodimonte in Neapel ein Exemplar, wie auch in der Sakristei der Kirche “San Fernando”, ebenfalls in Neapel, vgl. Amo Horga 2001, S. 705.
3 Amo Horga 2001, S. 704. Ihr galten die drei Gemälde noch als Kopie nach Ribera.
4 Antonio Sánchez-Bárriga, Restaurator der drei Gemälde Riberas der Kathedrale in Granada, gilt mein aufrichtigster Dank für die Abbildungen und die Informationen, die er mir freundlicherweise zur Verfügung stellte.
5 “Diseño para portal con columna salomónica”, vgl. Véliz 2011, S. 463, Kat.-Nr. 106 und S. 557.
6 Vgl. zu Harzens Erwerbungen Kat. Hamburg 2009, S. 2.

Details zu diesem Werk

Feder in Braun, braun laviert, weiß gehöht, über schwarzem Stift auf weiß-gräulichen Vergé-Papier, rechte untere Ecke ergänzt, die Zeichnung vervollständigt. Umfassungslinie mit schwarzem Stift 298mm x 256mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21115 Sammlung: KK Zeichnungen, Spanien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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