Jacob Cats, Zeichner

Huis Gunterstein bei Breukelen, 1772

Der in Altona bei Hamburg geborene Jacob Cats – nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Dichter (1577–1660) – gehört zu den bedeutendsten holländischen Zeichnern der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Anfänglich in der Produktion gemalter Wanddekorationen tätig, begann er in den späten 1760er Jahren zu zeichnen und verlegte sich in den folgenden Jahrzehnten ganz auf die Anfertigung von Sammlerstücken für den freien Markt. Er war auf diesem Gebiet außerordentlich produktiv: Heute sind von seiner Hand mehrere hundert Zeichnungen bekannt; von den Gemälden hat sich hingegen keines erhalten.
Mit Blättern wie der vorliegenden „Ansicht des Huis Guntherstein bei Breukelen“ kam der Künstler einer für seine Zeit charakteristischen Nachfrage nach topographischen Illustrationen entgegen,(Anm.1) wobei der hier fehlende anekdotische Bezug dem Blatt eine Sonderstellung in seinem Œuvre verleiht.
Dargestellt ist der „neue“ Landsitz „Gunterstein“ bei Breukelen an der Vecht mit den um 1765 erweiterten Nebengebäuden.(Anm.2) Das klassizistische Haupthaus wurde ab 1680 errichtet, wohl von dem Amsterdamer Architekten Adriaan Dortsman (um 1635–1682). Als Bildmotiv war das Landhaus überaus beliebt, es wurde z. B. gestochen von De Lespine, Daniel Willem Stoopendaal und Jan de Beijer.(Anm.3)
Der Hamburger Zeichnung lässt sich eine in gleicher Weise bezeichnete Ansicht des nahe gelegenen Schlosses Zuilen aus dem Jahre 1770 zur Seite stellen.(Anm.4) Der größte Teil der topographischen Zeichnungen des Jacob Cats entstand allerdings in den 1780er und 1790er Jahren, wobei es sich überwiegend um größerformatige Ansichten von Amsterdams handelt, in freierer Ausführung und mit ungleich reicherer Staffage.(Anm.5) Verglichen mit diesen Zeichnungen wirkt das vorliegende Blatt etwas altmodisch und erinnert an entsprechende Zeichnungen Moucherons, Rademakers und Stoopendaals.(Anm.6)
Eine anonyme Kopie des Hamburger Blattes befindet sich in holländischem Privatbesitz.(Anm.7)

Annemarie Stefes

1 Vgl. hierzu Niemeijer, in: R. Mandle u.a.: Dutch Masterpieces from the eighteenth Century: Paintings & Drawings 1700-1800, Ausst.-Kat. Minneapolis/Toledo/Philadelphia 1971, S. 14.
2 Hinweis in der Online-Datenbank des RKD.
3 De Lespine in einer 1690 von Nicolaus Visscher herausgegebenen Serie von 16 gestochenen Ansichten des Schlosses, Het Utrechts Archief, Inv.-Nr. TA 1379; Stoopendaal, 1719, in gleicher Sammlung, Inv.-Nr. 201288; De Beijer, um 1745/48 für „Het Verheerlykt Nederland“, Band 7, Nr. 51 und 52, vgl. die Vorzeichnung der Gartenfassade, in gleicher Sammlung. Inv.-Nr. 201284.
4 Feder in Grau, 124 x 213 mm, verso eigenhändig bezeichnet: „1770–69 ad. viv“, Amersfoort, RACM, Photo RKD. Die jeweils angehängten Ziffern „–69“ bzw. „–72“ erscheinen als Teil der Datierung wenig sinnvoll und sind eher als laufende Nummern zu interpretieren. Allerdings stellte Cats seinen Nummern gewöhnlich den Buchstaben „N“ voran, erstmals nachzuweisen auf einer „N 100“ bezeichneten Zeichnung aus dem Jahre 1769, vgl. Leslie A. Schwartz: The 'Thoughts' ('Gedagten') of Jacob Cats (1741-1799). Inscriptions on the numbered drawings of a prolific eighteenth-century draughtsman. An addition to the list of Jane Shoaf Turner (1990), in: Delineavit et Sculpsit 31, 2007, S. 57-77, S. 68. Vielleicht waren die Nummern „69“ und „72“ Teil eines zuvor benutzten Systems zur Klassifizierung der eigenen Zeichnungen?
5 Ein größeres Konvolut dieser Zeichnungen befindet sich im Stadtsarchief Amsterdam, Abb.-Nr. 01001000595, Abb.-Nr. 010001000791, Abb.-Nr. 010001000793-794, Abb.-Nr. 010001000013, Abb.-Nr. 010001000922-923, Abb.-Nr. 010001000795-803, vgl. Leslie A. Schwartz: The 'Thoughts' ('Gedagten') of Jacob Cats (1741-1799). Inscriptions on the numbered drawings of a prolific eighteenth-century draughtsman. An addition to the list of Jane Shoaf Turner (1990), in: Delineavit et Sculpsit 31, 2007, S. 57-77, Abb. 14 und S. 77, Anm. 18.
6 Hinweis von Robert-Jan te Rijdt, 19. 8. 2009.
7 Feder in Grau und Braun, laviert, 140 x 190 mm, Privatbesitz Breukelen, zuvor Aukt.-Kat. Amsterdam, Sotheby’s, 15. 11. 1995, Nr. 238 (zu Unrecht als Jan de Beijer).

Details zu diesem Werk

Feder in Grau, grau laviert, Spuren von Graphit auf gelblichem Papier; Einfassungslinien (Feder in Schwarz, Pinsel in Grau und schwarzer Kreide) 138mm x 202mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1963-150 Sammlung: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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