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Horst Janssen, Radierer
Hartmut Frielinghaus, Drucker

"24 8 72 Vollmond" / Vertrocknetes Blatt, am 24. August 1972, 24.08.1972

Aus: "Froschland", 42 Radierungen und eine Titelblattzeichnung, F. F. Dornbusch Verlag, Hamburg 1970-73.

Diese Radierung ist Teil der Suite "Froschland", eine Zusammenstellung von 42 Radierungen und einer Titelblattzeichnung aus den Jahren 1970 bis 1973.
Die Folge "Froschland" entstand in freiem Zusammenhang mit der Kurzgeschichte "Vier Tage" von Wsewolod Michailowitsch Garschin von 1877. Sie erzählt aus biographischer Sicht das Leid und die Ernüchterung eines verwundeten und zurückgelassenen Soldaten auf dem Schlachtfeld, der sich bewegungs- und reglos daliegend mit der ihn umgebenden Landschaft assimiliert und erst nach vier Tagen gerettet wird (vgl. Schack 1975, S. 71-85).
Horst Janssen verband diese Novelle mit einem eigenen Erlebnis vom 1. September 1972, bei dem er mit einem Auto unfreiwillig einen Frosch überfuhr. Die Metamorphose vom lebendigen zum verstorbenen Körper sowie die fortschreitende und vollständige Auflösung dessen faszinierten Janssen besonders. Hierzu notierte er seine Erinnerungen und Gedanken zu dem einschneidenden Erlebnis auf seiner Zeichnung "1 Unfall": "Am 1.9.72 ūberfūhr ich [...] einen Frosch dieser je nach Temperament betrūbliche oder graūenhafte Vorfall traf mich tief und ūber alle Massen [...]: dieser ins Froschschicksal verdammte Prinz war tot; die Seele hatte ihn in der Gegend seiner Lenden verlassen [...]. Schūld mūss zeichnen - allemal wenn bei einer Gelegenheit wie dieser auch alle anderen Handlungen sinnlos wāren ⊙ Ich lōste die leere Hūlle vom Strassenpflaster, bahrte sie auf ein Rhabarberblatt und fūhr sie nach Haūs, wo ich den Fall so ein dūtzendmal konterfeite; Anfangs respektvoll, einem Polizeibericht gleich, den Tatbestand aūfzeichnend, dann der menschlichen Natūr gemāss immer weniger traūrig, dann ūnbefangen bis willkūrlich ūnd schliesslich mit Lūstvergnūgen. So wūrde mein Frosch zū dem, was er mal war: Teil ein[sic] Landschaft Wie Sie" (transkribiert nach Inv.-Nr.: JS-3448).
Die Auflage umfasste 20 nummerierte Exemplare. Hartmut Frielinghaus nennt in seinem Werkverzeichnis ca. zehn Probedrucke. Es erschien eine zusätzliche Auflage in einer Höhe von 70 Exemplaren als eine von fünf losen Beilagen zur Publikation "Horst Janssen. Landschaft" von Gerhard Schack (s.u.). Der Titel des Blattes entstammt derselben Publikation. Zudem wurden offenbar weitere Drucke ohne Nummerierung ausgeführt.


Vgl. Frielinghaus, Hartmut (Hrsg.): Verzeichnis aller Janssen Radierungen zusammengefasst in Jahrgangsheften, Radierungen des Jahres 1972, Band 1972 ff. Nr. 501 bis ff. Nr. 661, Hamburg 1988, Nr. 23.
Gäßler, Ewald (Hrsg.): Horst Janssen. Radierzyklen. Katalog und Werkverzeichnis, Hamburg 1995, Nr. 12/10.
Schack, Gerhard (Hrsg): Horst Janssen. Landschaft, Christians Verlag, Hamburg 1974, Nr. 129.
Ders. (Hrsg.): Horst Janssen. Selbstbildnisse zu Hanno's Tod. XI. Kapitel aus den Buddenbrooks von Thomas Mann, Hamburg 1975, S. 63-64.

Details about this work

Strichätzung, Flächenätzung auf Zinkplatte auf handgeschöpftem cremeweißen Papier 103mm x 148mm (Platte) 237mm x 310mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Legat Gerhard Schack Inv. Nr.: JS-2784 Collection: KK Janssen-Archiv

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