Jan van der Heyden

Stillleben mit Ebenholzkästchen

Houbraken erwähnt in Van der Heydens Biographie, dieser habe zum Beweis seiner Kunstfertigkeit in einem seiner stilstaande levens eine Bibel mit deutlich lesbarer Schrift dargestellt.4 Auf dem Hamburger Stilleben ist auf der linken Seite der Staatenbibel nur die Überschrift De Propheet ZACHARI[AS] zu erkennen.5 Auf dem mit einem Teppich bedeckten kleinen Tisch stehen ferner ein Eichenholzschränkchen mit Einlegearbeiten, ein Kerzenleuchter und ein Erdglobus, vermutlich ein Exemplar von Willem Jansz Blaeu, jedoch ohne Baluster. Ein Spazierstock und eine aufgerollte Karte lehnen an dem Tisch. Eine weitere Karte liegt auf dem Schrank im Hintergrund, links davon befindet sich eine leere Steinnische.
Von den wenigen Stilleben Van der Heydens mit Blick in Gelehrtenstuben ist das in Den Haag von 1664 das früheste;6 ein Jahr später entstand das Bild in Innsbruck.7 Jedesmal ist eine aufgeschlagene Bibel mit lesbaren Kapitelüberschriften, der Teppich und der Leuchter mit erloschener Kerze zu sehen. Auf dem Bild in Den Haag ist das Stilleben in eine große Nische gestellt, auf den beiden anderen kommt dem Umraum eine größere Bedeutung zu. So dürfte Inv. 78 etwa gleichzeitig mit dem Innsbrucker Bild entstanden sein. In seinen späteren Stilleben hat Van der Heyden den Bildausschnitt weiter vergrößert und den Arbeitstisch tiefer in den Raum gerückt (s. Inv. 729).
Als Vorbild für Komposition, feine Malweise und sorgfältige Wiedergabe der verschiedenen Materialien können Gerrit Dous Vanitas-Stilleben und Gelehrtenstuben angesehen werden. Sein Bild in Edinburgh von 1637 etwa zeigt Bücher, Globen und Leuchter in ähnlicher Zusammenstellung.8

Thomas Ketelsen 2001

1 Leithäuser 1889, S. 90, gibt die vollständige Signatur J v D Heyde an.
2 Hoet 1752/1770, Bd. 1, S. 99, Nr. 10: »Een stil Leven daer in een Gloob, en ander fierlyk bywerk, ongemeen konstig en curieus uytgevoert, van Jan van der Heyden«. Der Hinweis auf die Slg. Blooken handschriftl. im Exemplar des Kataloges der Slg. Hudtwalcker 1861, S. 83 (Staatsarchiv Hamburg). Demnach träfe die Identifizierung von Inv. 78 mit einem der beiden Stilleben im Nachlaß-Inventar der Witwe Van der Heydens (1712) nicht zu; Bredius 1912, S. 132, 135.
3 S. Hofstede de Groot, Bd. 8, 1923, S. 453.
4 Arnold Houbraken, De Groote Schouburgh, 3 Bde., Amsterdam 1718-1721, Bd. 3, S. 82.
5 Bode 1886 und Leithäuser 1889 legen eine Identifizierung des von Houbraken beschriebenen Bildes mit Inv. 78 ohne Angabe von Gründen nahe.
6 Holz, 27 x 20,5 cm, Mauritshuis, Den Haag, Inv. 531; Wagner 1971, S. 113, Nr. 211; Gemar-Koeltzsch 1995, Bd. 2, S. 488,
Nr. 172/1.
7 Holz, 26,5 x 19,5, Museum Ferdinandeum, Innsbruck,
Inv. 681; Wagner 1971, S. 113, Nr. 212.
8 Holz, 31,1 x 23,7 cm, National Gallery of Scotland, Edinburgh; vgl. De Hollandse Fijnschilders. Van Gerard Dou tot Adriaen van der Werff, bearb. v. P. Hecht, Ausst. Kat. Rijksmuseum, Amsterdam 1989, S. 32-35, Nr. 3.

Ausst.: Luther und die Folgen für die Kunst, Hamburger Kunsthalle 1983, S. 371, Nr. 241.
Lit.: Bode 1886, S. 46 f.; Leithäuser 1889, S. 89 f.; Arnold Bredius, De Nalatenschap van Jan van der Heydens weduwe, in: Oud Holland 30, 1912, S. 132, 135; C. G. 't Hooft, Amsterdamsche stadsgezichten van Jan van der Heyden, Amsterdam 1912, S. 13; Wilhelm Bode, Jan van der Heyden, in: Zeitschrift für bildende Kunst, N. F. 26, 1915, S. 187; Wilhelm Bode, Die Meister der niederländischen und vlämischen Malerschulen, Leipzig 1917, S. 282 f.; Katalog 1918, S. 71; Katalog 1921, S. 74; Hofstede de Groot, Bd. 8, 1923, S. 453, Nr. 335; Katalog 1930, S. 70; Katalog 1956, S. 77; Katalog 1966, S. 80; Helga Wagner, Jan van der Heyden 1637-1712, Amsterdam/Haarlem 1971, S. 51 f., 113, Nr. 213; Onno Ydema, Carpets and their Datings in the Netherlandish Paintings 1540-1700, Zutphen 1990, S. 183, Nr. 767; Gemar-Koeltzsch 1995, Bd. 2, S. 491, Nr. 172/6, Abb.

Details about this work

Eichenholz 27cm x 20.5cm (Bild) 51cm x 44cm (Rahmen) Erworben 1888 Inv. Nr.: HK-78 Collection: Alte Meister © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford

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