Oskar Kokoschka
Mädchen mit Tonpuppe, 1922
Ein junges Mädchen in rotem Kleid hält ein nacktes Kind in den Armen. Beide Figuren weisen eine gewisse Starrheit auf, was zum einen der Malweise geschuldet ist: In seinen Dresdner Jahren vereinfachte Kokoschka die Formen stark und nutzte die Leuchtkraft der Primärfarben, um seine Werke vor allem aus der Fernsicht wirksam werden zu lassen. Zum anderen deutete er später den Inhalt seines Bildes neu und änderte dessen Titel: Aus Mutter mit Kind wurde Mädchen mit Tonpuppe. Nach Auskunft des Künstlers stellte er mit der grünlichen Puppe eine Skulptur einer befreundeten Bildhauerin dar. Sie wirkt in den Armen des Mädchens unbelebt, wie ein Ersatz für etwas Abwesendes. Jenes Spiel mit Realität und Illusion der menschlichen Figur erinnert an die lebensgroße Puppe, die Kokoschka sich 1918 nach dem Vorbild seiner ehemaligen Geliebten Alma Mahler hatte anfertigen lassen. Der Versuch, mit Hilfe der Puppe den Verlust der Frau zu bewältigen, misslang: Wie die Puppe auf dem Gemälde blieb auch die Figur Almas leblos.
Anna Heinze
Details about this work
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Beschriftung: Unten links monogrammiert: O K
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Winkler/Erling 160
Winkler/Erling 160
Wingler 146
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Oskar Kokoschka (1886 - 1980), 1922 (1); Kunsthandlung Paul Cassirer (in Kommission?), Berlin, 12.7.1922 (2); Kunsthandlung Sir Joseph Duveen (in Kommission?), London, 1.8.1922 (3); [Kunsthandlung M. Goldschmidt & Co. (in Kommission), Frankfurt a. M., ? - bis mind. 1931 (4)]; Benno Elkan (1877 - 1960), Frankfurt / ab 1935 London, mind. seit 1927 - 1938 - ? (5); Slg. Curt Valentin (1902 - 1954), New York, 1940 (6); Dr. Wilhelm Reinhold Valentiner (1880 - 1958), New York/Detroit, ? (7); Frankfurter Kunsthandel, 1956 (8); Galerie Marlborough Fine Art Ltd., London, ? - 13.8.1958 (9); Ankauf von dort von der Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen (heute: Stiftung Hamburger Kunstsammlungen), 13.8.1958 - 8./10./12.12.1958 (10); Ankauf von dort mit Mitteln der British-American-Tobacco Comp. Hamburg, 8./10./12.12.1958 (11)
1) Es ist zu klären, wann, wie, an wen und für wie viel Kokoschka das Werk verkaufte oder gab.
2) Hurttig, Marcus Andrew: Die Gemälde der Klassischen Moderne, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle, Bd. 4, Köln 2010, S. 261 (ohne Beleg) und https://mp-ria-45.zetcom.com/MpWeb-apVilleneuveFOK/v?mode=guest (2.4.2019) (ohne Beleg).
3) Hurttig, Marcus Andrew: Die Gemälde der Klassischen Moderne, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle, Bd. 4, Köln 2010, S. 261 (ohne Beleg) und hier auch mit dem Datum 1.8.1922: https://mp-ria-45.zetcom.com/MpWeb-apVilleneuveFOK/v?mode=guest (2.4.2019) (ohne Beleg).
4) Oskar Kokoschka. Das gesammelte Werk, Ausst.-Kat. Städtische Kunsthalle Mannheim 1931, Nr. 37. Hier mit Titel: Mutter mit Kind auf dem Arm, als verkäuflich markiert und datiert auf 1921. Siehe auch: https://www.oskar-kokoschka.ch/de/1020/1418/M%C3%A4dchen%20mit%20Tonpuppe (7.2.2022) und https://www.oskar-kokoschka.ch/de/1020/1418/M%C3%A4dchen%20mit%20Tonpuppe (22.2.2022), mit der Angabe "bis mind. 1931".
Auf Grund der nachfolgenden Provenienz und den hierfür ermittelten Quellen scheint die Kunsthandlung Goldschmidt nur im Auftrag von Elkan tätig geworden zu sein.
5) Für 1927: Auf Veranlassung von Benno Elkan sandte die Galerie M. Goldschmidt & Co., Kaiserstrasse No. 1 Frankfurt a.M. am 10.6.1927 das Gemälde zu Händen Dr. Thormaelens an der National-Galerie nach Berlin. Am 14.6.1927 ist das Werk in Berlin angekommen und in das Vorzimmer des Direktors gebracht worden. Siehe SMB-ZA, I/NG 857 Versicherung d. Leihgaben u. Sicherung d. Inventars und Fremde Kunstwerke, 1925 – 1928, Mappe 10, 405-407.
Am 24.1.1928 ist das Werk an Elkan zurückgesandt worden. Siehe SMB-ZA, I/NG 857 Versicherung d. Leihgaben u. Sicherung d. Inventars und Fremde Kunstwerke, 1925 – 1928, Mappe 11, 437, 438 und Siehe SMB-ZA, I/NG 929 Angebote von Gemälden, 1927, S. 628.
Benno Elkan signalisiert zudem, dass er auch bereit wäre, das Werk für 7000 Mark an die Nationalgalerie zu verkaufen. Siehe SMB-ZA, I/NG 929 Angebote von Gemälden, 1927, S. 624.
Für 1938: Zentralbibliothek Zürich, Oskar Kokoschka Archiv, Brief Herbert Read an Oskar Kokoschka, 21. Mai 1938, auf dem Briefkopf „Exhibition of Twentieth Century German Art“: „…für die endgültige Auswahl würde ich sehr gerne Ihren Rat haben. Wir haben hier … eine ‚Mutter mit Kind‘, die dem Bildhauer Benno Elkan gehört“ (Freundliche Auskunft von Dr. Lucy Wasensteiner, 3.4.2019, per E-Mail), sowie dann Innenansicht der Ausstellung "Twentieth Century German Art" in London (Ewan Philips Archive, Tate Gallery London). Vgl. Stationen der Moderne. Die bedeutenden Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland, Ausst.-Kat. Berlinische Galerie, Martin Gropius Bau, Berlin 1988-1989, S. 318 und London 1938. Defending 'degenerate' German Art / London 1938: Mit Kandinsky, Liebermann und Nolde gegen Hitler, hrsg. von Lucy Wasensteiner, Martin Faass, Ausst.-Kat. London/13.6.-14.9.2018 und Berlin/7.10.2018-14.1.2019, Zürich 2018, S. 11; Hurttig, Marcus Andrew: Die Gemälde der Klassischen Moderne, Die Sammlungen der Hamburger Kunsthalle, Bd. 4, Köln 2010, S. 261. Ohne Beleg.
6) XIX and XX Century European Masters. Paintings, Drawings, Sculpture, Ausst.-Kat. Marlborough Fine Art Limited, London 1958, Nr. 33. Hier genau: "Collection: Curt Valentin, New York". Akten der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen: Ordner Deutsche Bank 1958, 1959, 1960, 1961, Rechnung Marlborough London, 6.8.1958, hier auch die Angabe: "Collection: Curt Valentin, New York."
7) The Museum of Mondern Art Archives, NY: CV III. A. "Kokoschka" "Kokoschka's Bilder in Amerika." Schreiben von Olga Kokoschka an Curt Valentin, 17.8.1947.
8) Hans Maria Wingler: Oskar Kokoschka. Das Werk des Malers, Salzburg 1956, S. 310, Nr. 146.
9) HAHK: Slg 1 Ankäufe für die Galerie 1.1.1953-31.3.1962. Und Erwerbungsformular der "Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlung" (= heute Stiftung Hamburger Kunstsammlung), siehe ein Exemplar in Werkakte. SHK Akten: Ordner Deutsche Bank 1958, 1959, 1960, 1961, Rechnung Marlborough London, 6.8.1958.
10) und 11) HAHK: Slg 1 Ankäufe für die Galerie 1.1.1953-31.3.1962. Sowie Protokoll der Kuratoriumssitzung der "Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen" am 1. Dezember 1958 vom 10. Dezember 1958, S. 2 und S. 6.
Der Ankauf war zuerst durch die Stiftung zur Förderung der Hamburgischen Kunstsammlungen durchgeführt worden. Schließlich überträgt die Stiftung das Eigentumsrecht an die Hamburger Kunsthalle, die das von der Stiftung ausgelegte Geld, 60.000 Deutsche Mark, durch die BAT Deutschland zurückzahlen läßt.
Stand: 2.4.2019, Ute Haug; aktualisiert 3.4.2019, Ute Haug; aktualisiert 9.4.2019, 7.2., 22.2., 5.4.2022, Ute Haug; 19.1.2023 Ute Haug; 4. und 6.3.2024 Ute Haug.
Status: in Bearbeitung, ungeklärt, bedenklich.
Zitierweise nach folgendem Schema: Künstlername, Werktitel, Inv. Nr., Provenienz und Link, sowie Name Bearbeiter*in, letzter Stand und Zugriffsdatum.
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Hamburger Kunsthalle. Erwerbungen für die Gemälde-Galerie im Jahre 1965, Alfred Hentzen, 1966, S. 174, Abb.-Nr.
Führer durch die Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Alfred Hentzen, 1962, S. 34, Abb. S. Nr. 86, Abb.-Nr.
Hamburger Kunsthalle. Meisterwerke der Gemälde-Galerie, Herausgeber: Alfred Hentzen, 1969, S. 448, Abb. S. Nr. 366, Abb.-Nr.
Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Werner Hofmann, 1989, S. 132, Abb. S. 132, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 270
Hamburger Kunsthalle. Meisterwerke, Herausgeber: Uwe M. Schneede, Helmut R. Leppien, 1994, S. 236, Abb. S. 178, Abb.-Nr.
Katalog der Meister des 20. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Helga Hofmann u. Janni Müller-Hauck, 1969, S. 74, Abb. S. 74, Abb.-Nr.
Malerei des XX. Jahrhunderts in der Hamburger Kunsthalle. Bilderhefte der Hamburger Kunsthalle II/III, Alfred Hentzen, 1960, S. 15, 33, Abb. S. 83, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 43
Oskar Kokoschka. Das gesammelte Werk; Städtische Kunsthalle Mannheim, 1931, S. 11, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 37
Oskar Kokoschka; Kunsthaus Zürich, 1966, S. 30, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 44
Oskar Kokoschka. Das Werk des Malers, Hans Maria Wingler, 1956, S. 310, Abb. S. 310, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 146
Oskar Kokoschka; Galerie Arnold, Dresden, 1925, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 41 (?)
Kunsthalle. Erwerbungen für die Gemäldegalerie im Jahre 1958, Diedrich Roskamp, 1959, S. 150-152, Abb. S. 151/Nr. 7, Abb.-Nr.
Stationen der Moderne. Die bedeutenden Kunstausstellungen des 20. Jahrhunderts in Deutschland; Berlinische Galerie, Martin Gropius Bau, Berlin, S. 318-319, Abb. S. 318 (Ansicht der Hängung), Abb.-Nr.
Erwerbungen von Alfred Hentzen und Wolf Stubbe. 1955-1969; Hamburger Kunsthalle, 1969, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 36
Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Werner Hofmann, 1985, S. 124, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 250 (mit Abb.)
Oskar Kokoschka. Die Gemälde 1906-1929, Johann Winkler, Katharina Erling, 1995, S. 96, Abb. S. 96, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 160
Expressionistische und nachexpressionistische Malerei in der Kunsthalle, Heinz Seyfarth, 1981, S. 66f., Abb.-Nr.
Europäische Kunst von der Antike bis zur Gegenwart. Hamburger Kunsthalle und Museum für Kunst und Gewerbe zeigen von B.A.T. gestiftete Werke; B.A.T. KunstFoyer (150. Ausstellung), Hamburg, 1994, S. 22, Abb. S. 23, Abb.-Nr.
Die Gemälde der Klassischen Moderne, Hurttig, Marcus Andrew, 2010, S. 260-262, Abb., Abb.-Nr.
Führer durch die Hamburger Kunsthalle, Herausgeber: Alfred Hentzen, 1966, S. 36, Abb.-Nr.
Hamburger Kunsthalle, 1977, S. 97, Abb.-Nr.
Der Wiederaufbau der Hamburger Kunsthalle - außen und innen, Carl Georg Heise, 1954, S. 85, Abb.-Nr.
Baedekers Hamburg und die Niederelbe, 1962, S. 267, Abb.-Nr.
Europäische Malerei in deutschen Galerien, Herausgeber: Ludwig Grote, 1964, Abb. S. Nr. 6 [Verzeichnis der Museen], Abb.-Nr.
Exhibition of 20th Century German Art, Stephan Laxner, Helen Adkins, 1988, S. 318, Abb.-Nr.
Kokoschka und Dresden; Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister; Österreichische Galerie, Belvedere, Wien, 1996, S. 33, Abb. S. 27, Abb.-Nr.
XIX and XX Century European Masters. Paintings, Drawings, Sculpture; Marlborough Fine Art Limited, London, 1958, Abb. S. 58, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 33
Kokoschka. A retrospective exhibition ...; The Tate Gallery, London, 1962, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 64
Oskar Kokoschka; Kunstverein in Hamburg in der Hamburger Kunsthalle, Abb. S. Nr. 31, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 31
Oskar Kokoschka. Sein Leben. Seine Zeit, Joseph P. Hodin, 1968, S. 240, Abb.-Nr.
Tristan und Isolde. Alma Mahlers Doppelrolle als Geliebte und Puppe, Sigrid Metken, 1992, S. 18, Abb. S. 18/Nr. 6, Abb.-Nr.
Dresdner Rot, Diether Schmidt; Herausgeber: Hochschule für angewandte Kunst, Wien, 1986, S. 215, 217, Abb.-Nr.
Oskar Kokoschka in Dresden. 1916 bis 1923, Diether Schmidt, 1986, S. 132, Abb.-Nr.
20th Century German Art; San Francisco Museum of Art, 1940, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 1052
Kokoschka; Buchholz Gallery (Curt Valentin), New York, 1941, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 14
"Mutter und Kind". Ein Hauptwerk der Dresdener Zeit Oskar Kokoschkas, Elfriede Baum, 1971, S. 187, Abb. S. Nr. 77, Abb.-Nr.
Österreich im Umbruch. Malerei der Zwischenkriegszeit aus der Sammlung Leopold, Wien; Ernst Barlach Haus, Hamburg, 2007, S. 92, Abb. S. 93, Abb.-Nr.
Kunst aus acht Jahrhunderten, Herausgeber: Hamburger Kunsthalle und Freunde der Kunsthalle e.V., 2016, S. 182, Abb., Abb.-Nr.
Jahrbuch der Hamburger Kunstsammlungen, Helmut R. Leppien, Heinz Spielmann; Herausgeber: Hamburger Kunsthalle, Museum für Kunst und Gewerbe, 1966, S. 174, Abb.-Nr.
London 1938. Defending 'degenerate' German Art / London 1938: Mit Kandinsky, Liebermann und Nolde gegen Hitler, Herausgeber: Lucy Wasensteiner, Martin Faass; London/13.6.-14.9.2018 und Berlin/7.10.2018-14.1.2019, 2018, S. 130 (indirekt), 229, Abb. S. 11, 229, Abb.-Nr.
London 1938: defending 'degenerate' art: mit Kandinsky, Liebermann und Nolde gegen Hitler, Lucy Wasensteiner, Martin Faass; Herausgeber: Wiener Library London, Liebermann-Villa am Wannsee; London 2018, Berlin 2019, 2018, Abb. S. 11(Teil d.Saalhängung), Abb.-Nr.
Öl auf Leinwand 110cm x 70.5cm (Bild) 135.5cm x 96cm (Rahmen) Hamburger Kunsthalle, Geschenk der British American Tobacco, Hamburg, 1958 Inv. Nr.: HK-5025 Collection: Klassische Moderne Bildnachweis: SHK / Hamburger Kunsthalle / bpk © Fondation Oskar Kokoschka / VG Bild-Kunst, Bonn 2024 Foto: Elke Walford
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