Godfried Schalcken
Junge mit Pfannkuchenmaske, 1670/1680
Mit verschmitztem Lächeln blickt ein Junge den Betrachter offen und fröhlich an und hält ihm mit beiden Händen einen Pfannkuchen entgegen, von dem er augenscheinlich genascht hat. Davon zeugen die vier Löcher, die den Pfannkuchen nun als Maske erscheinen lassen. Offensichtlich hat er ihn auf dem Zinnteller, den er auf der Brüstung abgestellt hat, herbeigebracht. Die umgebundene Schürze weist den Jungen auch als den Bäcker der Eierspeise aus, ansonsten trägt er eine vornehme braune Jacke, die hellblaue Ärmelumschläge zieren, und ein weißes Hemd. Hinter dem Knaben spannt sich ein blaues Tuch, das den Blick auf eine Wand mit Gemälden lenkt. Der beliebte pannekoeken wurde in den Niederlanden üblicherweise am Dreikönigstag und am Karnevalsdienstag gereicht. Dennoch präsentiert der Feinmaler Schalcken nicht einfach nur eine süße Köstlichkeit. Hinter der Maske kann man
sich verstecken und sein Gegenüber täuschen und erschrecken. So scheint der Junge gerade hinter ihr hervorzublicken und schelmisch über seinen geglückten Scherz zu lachen.
Sandra Pisot
Ein Junge hält mit beiden Händen einen Pfannkuchen hoch, aus dem er eine Maske gefertigt hat. Verschmitzt lächelnd blickt er den Betrachter an. Ein hinter ihm aufgespanntes Tuch ist durch eine steinerne Bogenöffnung bis auf die Brüstung geführt. An der Wand im Hintergrund hängt ein goldgerahmtes Gemälde (oder ein Spiegel), darüber ein Gemälde in schwarzem Rahmen.
In der sorgfältigen Wiedergabe der Hände, des Pfannkuchens und des Zinntellers auf der Brüstung orientierte sich Schalcken an der Feinmalerei seines Lehrers Gerrit Dou. Die Bogenöffnung mit Brüstung geht auf Dous Nischenbilder mit gemalter Fensterrahmung zurück. Dieser hat mehrfach das Relief eines Kinderbacchanals, auf dem ein Putto einem Ziegenbock die Maske vorhält, in der Brüstung dargestellt (s. Inv. 3085). Dieses Motiv hat Schalcken nach Hecht in Inv. 237 paraphrasiert; statt dem Bock wird hier dem Betrachter die Maske vorgehalten.5
Ein nahezu gleichgroßes Gemälde Schalckens zeigt einen ähnlich schelmisch blickenden Jungen, der einen Rummelpot in den Händen hält.6 Eng verwandt ist auch ein Gemälde in Cambridge, auf dem ein junges Mädchen dem Betrachter eine Waffel auf einem Zinnteller reicht.7 Beherman datiert den Knaben mit Pfannkuchenmaske zwischen 1670 und 1675.8
1750 gelangte Inv. 237 mit weiteren 63 Gemälden aus der Delfter Sammlung des Valerius van Roever in die Gemäldesammlung des Landgrafen Wilhelm VIII. in Kassel, wo es zuletzt im Katalog von 1799 aufgeführt wurde.9 Entgegen dem Vermerk im Katalog der Sammlung Hudtwalcker von 1854 wurde Inv. 237 nicht 1806 in das Musée Napoléon verbracht, sondern war zur Ausschmückung der Kasseler Residenz König Jérômes requiriert und nicht zurückgegeben worden.10
Thomas Ketelsen 2001
1 Hoet 1752/1770, Bd. 1, S. 358, Nr. 80.
2 Ebd., Bd. I, S. 510, Bd. 3, S. 20, Nr. 46.
3 Moes 1913, S. 24; Nr. 120 in dem von Röver aufgestellten Inventar (Universitäts-Bibliothek, Amsterdam).
4 Haupt-Catalogus (Inventar von 1749 ff.), Nr. 612. Briefl. Mitt. von B. Schnackenburg, Kassel, vom 11. 3. 1997.
5 Vgl. De Hollandse fijnschilders 1988, S. 194. Schalcken griff das Motiv der Maske auch auf dem Gemälde Junger Mann mit Gipsmaske in Braunschweig auf. Dort steckt ein junger Mann seinen Zeigefinger in den geöffneten Mund der Maske; Herzog Anton Ulrich-Museum, Braunschweig, Inv. 322; Katalog Braunschweig 1983, S. 188; Beherman 1988, S. 247, Nr. 154.
6 Holz, 21 x 17,2 cm, Verst. New York (Sotheby's), 28. 1. 2000, Nr. 44.
7 Holz, 23,5 x 20,6 cm, Fitzwilliam Museum, Cambridge,
Inv. 365; Beherman 1988, S. 233, Nr. 140.
8 Ebd., S. 248, Nr. 155, S. 39 allerdings abweichend zwischen 1670 und 1680 datiert.
9 Verzeichnis 1799, S. 71, Nr. 118: »Gottfried Schalken. Ein kleiner Knabe, der lächelnd eine aus einem Pfannkuchen gemachte Larve vorzeigend in den Händen hält. Auf Holz, 7 Zoll hoch, 6 Zoll breit.«
10 »Vermißt seit Hieronimus Napoleon« (Inventarium der Gemälde-Galerie zu Cassel, Kassel 1816ff. [Ms.], Nr. 612.)
In den Listen der für das Musée Napoléon beschlagnahmten Gemälde taucht das Bild nicht auf; laut B. Schnackenburg, briefl. Mitt. vom 11. 3. 1997, ein deutliches Indiz dafür, daß das Gemälde, entgegen auch Beherman 1988, S. 248, nicht nach Paris gebracht wurde. Nach G. Walczak, Hamburg, mündl. Mitt. vom 30. 1. 2001, gingen nach den ungeordneten Requirierungen u. a. in den Kasseler und Braunschweiger Sammlungen für den König von Westphalen zahlreiche Kunstwerke vorübergehend oder ganz verloren. Auch Behermans Vermutung, Inv. 237 sei in Paris am 13. 11. 1855 versteigert worden, trifft nicht zu.
Ausst.: Rembrandt et son temps, Palais des Beaux-Arts, Brüssel 1971, S. 116, Nr. 94, Abb. S. 115; De Hollandse fijnschilders. Van Gerard Dou tot Adriaen van der Werff, bearb. v. Peter Hecht, Rijksmuseum, Amsterdam 1989,
S. 194-197, Nr. 40.
Lit.: Verzeichnis der Hochfürstlich-Heßischen Gemählde-Sammlung in Cassel, Kassel 1783, S. 71, Nr. 118; ?Smith, Bd. 4, 1833, S. 273, Nr. 18; Katalog Slg. Nicolaus Hudtwalcker 1854, S. 72; Katalog Slg. Nicolaus Hudtwalcker 1861, S. 169; Leithäuser 1889, S. 49; Katalog 1907, S. 34; Hofstede de Groot, Bd. 5, 1912, S. 363, Nr. 140; Ernst Wilhelm Moes, Het Kunstkabinet van Valerius Röver te Delft, in: Oud Holland 30, 1913, S. 24, Nr. 120; Katalog 1918, S. 142 f.; Katalog 1921, S. 147 f.; Katalog 1930, S. 139; Katalog 1956, S. 134; Katalog 1966, S. 140; Thierry Beherman, Godfried Schalcken, Paris 1988, S. 39, 248, Nr. 155.