Jean-Baptiste Camille Corot
Das Mädchen mit der Rose, um 1860/65
Neben seinen großen träumerischen Landschaftsbildern ist Corot vor allem für seine Ölskizzen berühmt. Das Mädchen mit der Rose zeigt ein Modell in seinem Atelier. Das souverän komponierte Bild ist vom Zentrum zu den Rändern hin zunehmend locker skizziert. Das Gesicht der Frau, die ein einfaches Kleid und schlichten Schmuck trägt, ist verschattet. Über die entblößte Schulter fällt ein Lichtschein auf ihr Dekolleté, wo sie mit der rechten Hand eine Rose vor den Ausschnitt ihres Kleides hält. Im Halbdunkel des Bildrandes fasst sie mit der anderen Hand an ihr Haar. Von dort lenkte Corot den Blick über den Farbakzent des roten Ohrrings zurück auf die Blüte im Zentrum. Mit der auf sich selbst bezogenen Haltung und dem abgewandten Blick steht die Dargestellte nah an den Betrachtern und ist zugleich in ihrem eigenen Bezugsrahmen verankert. Präzise erfasste Corot die Haltung seines Modells zwischen Präsenz und Rückzug, malerischer Pose und eigener Empfindung. Passend dazu beließ er das Gemälde in einem ausgewogenen Zustand zwischen Skizze und Vollendung.
Daniel Koep