Max Beckmann
Sintflut, 1908
Sechs weibliche und männliche Körper präsentiert Max Beckmann überlebensgroß in einem engen Bildausschnitt. Gefangen zwischen Anspannung und Erschöpfung harren die Menschen ihres Schicksals. Das großformatige, nahezu quadratische Gemälde hat die Sintflut zum Thema, entbehrt jedoch wesentlicher Merkmale der tradierten Ikonographie: Keine Arche Noah ist in Sicht und keine Taube, die die Hoffnung auf ein Leben nach der Katastrophe zu wecken vermag. Die einheitliche Farbwirkung des Gemäldes wird spannungsreich durch punktuell gesetzte Schlaglichter dramatisiert. Beckmanns Interesse am Körper und seine Rezeption italienischer Vorbilder tritt deutlich zutage: Pathosformeln werden variiert, Bewegungsmuster durchgespielt. Auf formaler Ebene bot das Sujet der Sintflut schon immer eine Fülle an Möglichkeiten, die menschliche Figur zu studieren. Inhaltlich wohnt dem Mythos der Kreislauf von Werden und Vergehen, von Zerstörung und Erneuerung inne, ein Gehalt, der Beckmann stetig beschäftigen sollte. Das Gemälde entstand 1908 in Berlin, im selben Jahr, in dem sein Sohn Peter geboren wurde. Immer wieder hat Beckmann christliche Themen aufgegriffen und sie in den Kosmos seiner Lebens- und Vorstellungswelt eingeflochten.
Ann-Kathrin Hubrich
Dieses Werk befindet sich im Online-Werkverzeichnis „Max Beckmann. Die Gemälde“: https://www.beckmann-gemaelde.org/097-sintflut