Max Beckmann
Grosse graue Wellen, 1905
Nach seiner Ausbildung an der Großherzoglichen Kunstschule Weimar reiste Max Beckmann im Sommer 1905 an die Nordsee nach Jütland, um dort zu malen. Auf dieser Reise entstand auch das Gemälde »Große graue Wellen«, das den experimentellen Charakter seiner frühen Werke offenbart: Beckmann löste seine Malerei von der in Weimar erlernten traditionellen Lasurtechnik, die dem Abbild der genauen Naturbeobachtung folgte. Er arbeitete jetzt freier, löste sich von der Linie als beschreibender Form und setzte breite kurze Pinselstriche ein, um die Bewegung der Wellen in Malerei zu übersetzen. Das Auflösen des Bildgegenstands in »Farbflecken« ist den Entwicklungen in der modernen Kunst, vor allem dem Postimpressionismus und Malern wie Paul Cézanne und Vincent van Gogh, verpflichtet. Beckmann nutzte den tradierten Bildtypus des Seestücks als Versuchsfeld, um sich mit der Abstraktion von Form und Farbe auseinanderzusetzen, und orientierte sich dabei an der französischen Avantgarde als Leitlinie. Kurze Zeit später gab er diesen Stil jedoch wieder auf zugunsten fester Konturen von Körpern und Gegenständen. Experimentell ist in »Große graue Wellen« auch die Motivwahl: Das Seestück ist fast ausschließlich auf die Wassermassen reduziert mit nur wenigen Staffageelementen, der Horizont bis an den oberen Bildrand verdrängt. Durch diesen Fokus macht Beckmann die Meeresbrandung und die Kraft des Wassers zum eigentlichen Bildthema.
Sophia Colditz
Dieses Werk befindet sich im Online-Werkverzeichnis „Max Beckmann. Die Gemälde“: https://www.beckmann-gemaelde.org/031-grosse-graue-wellen