Jacob Isaacksz. van Ruisdael
Kapelle über einem Bachtal, um 1655
Ein Bach stürzt schäumend aus einem baumbestandenen Felsgestein hervor, am Ufer vorn liegt der geborstene Stamm einer Buche. Hinter dem sonnenbeschienenen Kornfeld im Mittelgrund mit zwei Staffagefiguren erhebt sich ein mit Buschwerk bewachsener Hügel, auf dessen Höhe eine Kapelle steht. Den Horizont begrenzt dicht bewaldetes Bergland.
Bei der Darstellung des Blattwerks machte sich Ruisdael durch das Auftragen von grüner Farbe mit wässrigem Bindemittel auf ölhaltigerem blauen Grund in den Baumkronen den Perleffekt zunutze. Zur Erzeugung der Lichteffekte ritzte er mit einem spitzen Gegenstand in die frisch aufgetragene Farbe, was das darunterliegende Blau und die ockerfarbene Grundierung sichtbar werden ließ.
Bode datierte Inv. 144 unter Hinweis auf eine Kapelle am Bach von 1653 in den Beginn der fünfziger Jahre.(Anm. 1) Simon wies das Gemälde einer um 1655 entstandenen Gruppe von Landschaften mit ähnlichem Aufbau zu: im Vordergrund jeweils geborstene Baumstämme, hohe Gräser und Felsblöcke, im Mittelgrund hell aufscheinende Wiesen oder Felder.(Anm. 2) Die Altersbestimmung des Holzes läßt eine Datierung von 1650 an zu.(Anm. 3)
Thomas Ketelsen 2001
1 Landschaft mit Bauernhaus, Lw., 66 x 79 cm, bez. JvRuisdael, ehem. Königliche Museen zu Berlin, Inv. 893 (1926 abgegeben); Beschreibendes Verzeichnis der Gemälde, 4. Aufl., Berlin 1898, S. 270; Katalog Berlin 1996, S. 587.
2 Simon nennt u. a. zwei Gemälde in Berlin: Lw., 46 x 62 cm, Lw., 48 x 63 cm, Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie, Inv. 884 B, Inv. 885 (beide nicht datiert); Katalog Berlin 1996,
S. 107, Abb. 1559, 1563.
3 Nach Leithäuser 1889, S. 16, muß Inv. 144 datiert gewesen sein (1652/53?), wenn er schreibt, daß »der Künstler 24 Jahre alt war, als er dieses Werk schuf«.
Lit.: Katalog Slg. Hudtwalcker 1854, S. 4; Katalog Slg. Hudtwalcker 1861, S. 167 f.; Bode 1886, 35 f.; Leithäuser 1889, S. 15 f.; Hofstede de Groot, Bd. 4, 1911, S. 72 f., Nr. 228; Katalog 1918, S. 134; Katalog 1921, S. 139; Kurt Erich Simon, Jacob van Ruisdael, Berlin 1927, S. 32 (erw. Ausgabe von 1930, Abb. 6); Jakob Rosenberg, Jacob van Ruisdael, Berlin 1928, S. 82, Nr. 166; Katalog 1930, S. 131; Katalog 1956, S. 128; Meisterwerke 1958, S. 33, Nr. 31, Taf. 28; Katalog 1966, S. 134.