Friedrich Brandt, Fotograf
Hans Brüggemann, Bildhauer
nach Albrecht Dürer, Entwerfer, Holzschneider
Julius Bergas-Verlag, Schleswig
Julius-Bergas-Verlag (Schleswig), Verleger

Die Kreuztragung, nach 1870

Aus: "Brüggemann-Album. Altarschrein der Domkirche zu Schleswig."; Schleswig, o.J., Taf. 12

Die Fotografie zeigt ein Detail aus dem umfangreichen sog. Bordesholmer Altar, der von 1514 bis 1521 von Hans Brüggemann geschaffen wurde. Dieses für die Kunstgeschichte Norddeutschlands herausragende Werk wurde 1666 aus der Klosterkirche in Bordesholm in den Schleswiger Dom transferiert. Dort wurde er seit spätestens seit dem frühen 19. Jahrhundert zum Zielpunkt von Künstlern und Kunsthistorikern. Die Popularisierung verlief zunächst über eine umfassende Folge von Lithographien von Böhndel (vgl. Inv.-Nr. 73652-73689), seit Mitte der 1860er Jahre verstärkt auch über Fotografien. Von herausragender Bedeutung ist hierbei Friedrich Brandt, der wiederholt Fotoserien publizierte (vgl. Inv.-Nr. kb-1915-215-1 bis 27 und 73887-73913). Im vorliegenden Fall handelt es sich eine Fotografie aus einem Mappenwerk, bei der der Urheber weder auf dem Umschlag der Mappe noch auf der Fotografie genannt ist. Ein Bildvergleich mit den von Brandt herausgegebenen Fotografien zeigt eine klare Übereinstimmung von Lichtführung und Bildausschnitt (freundlicher Hinweis von Christoph Irrgang, Hamburg). Denkbar ist, dass der Verleger Bergas Brandts Aufnahmen erwarb, als dieser 1885 sich aus dem Geschäftsleben zurückzog und dann dessen Autorschaft bei einer Neuedition verschwieg. Auch wenn die Genese und genaue Datierung der vorliegenden Fotografie und der dazugehörigen Serie noch unklar ist, so belegt die Neuedition eindeutig das anhaltende Interesse an dem Bordesholmer Altar.

Die prominente Darstellung der Kreuztragung von der Mitteltafel des Schreins entlehnte Brüggemann zu großen Teilen der Kleinen Passion Albrecht Dürers von 1510. Besonders das zentrale Motiv des Sturzes Christi auf dem Weg zum Golgotaberg wurde direkt von Dürer übernommen. Der gestürzte Jesus mit dem Kreuz auf den Schultern wird von hinten von einem Schächer mit einem Knüppel zum Aufstehen genötigt (dieser Knüppel ist von der Hand der Holzfigur abgebrochen), vorne eilt die Veronika zu ihm, um den Schweiß von seiner Sitrn zu wischen, und hinten hebt Simon von Kyrene das Kreuz an, um den Gestürzten zu entlasten. Auch die Maria und Johannes-Gruppe wurde von Dürer übernommen, jedoch weiter hinten links in die Menge gerückt.
Hierbei ist jedoch festzustellen, dass Brüggemann bei allen Anlehnungen an Dürers Passion lediglich einzelne Figuren zitiert, meistens jene, die sich um Christus herum befinden oder diesen selbst. Die restliche Komposition der Szenen bleibt originell, wobei bestimmte Entscheidungen zur Komposition offensichtlich aufgrund der Übertragung einer zweidimensionalen Darstellung in ein dreidimensionales, jedoch in der Tiefe begrenztes Medium- wie es die fast schon reliefartigen Holzeinsätze des Schaukastens des Schleswiger Altarschreins sind- getroffen wurden.

Vgl. Schoch / Mende / Scherbaum (Hg.): Albrecht Dürer. Das druckgraphische Werk, Bd. 2, München u.a. 2002, S. 319, Kat.-Nr. 207

Vgl. hierzu Inv.-Nr. 73895, kb-1915.525-13, 10724 und kb-1915-515-22.

Bianca Schulz / David Klemm

Details about this work

Fotografie; auf Karton fest aufgezogen 160mm x 154mm (Bild) 311mm x 237mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 73944 Collection: KK Fotografie

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