Rembrandt Harmensz. van Rijn
Marientod, 1639
Die Marienverehrung ist eine Besonderheit der katholischen Kirche. In den nördlichen Niederlanden, wo Rembrandt lebte, war man protestantisch, der Marienkult war verpönt. An diesem Blatt sieht man, dass Rembrandt sich nicht daran hielt und durchaus auch katholische wie ja auch jüdische Themen in seiner Kunst behandelte.
Die sterbende Maria liegt in einem prachtvollen Bett, das mit einem Baldachin versehen und durch ein Podest im Raum hervorgehoben ist. Viele Menschen haben sich um das Sterbelager versammelt, auch ein Bischof der noch jungen christlichen Religion ist mit seinem Stabträger erschienen. Sorgfältig und liebevoll rückt ein alter Mann Maria das Kissen unter den Nacken, um sie besser zu betten. Ein anderer, offensichtlich ein Arzt, fühlt ihr den Puls. Aber es ist vergebens, Maria ist bereits gestorben, dies ist der Moment ihres Todes. Neben denen, die sich noch um ihren Körper bemühen, stehen die anderen, die sich ergriffen am Bett drängen. Frauen breiten klagend die Hände aus, sind betend in die Knie gesunken oder ringen im Schmerz die Hände wie die große Stehende am Bettpfosten. Im Vordergrund sitzt ein mit Turban und Mantel reich gekleideter Mann, der aus einem großen Buch offenbar heilige Schriften vorgelesen hat, solange Maria noch lebte, und nun von seinem Buch aufschaut, da sein Amt beendet ist. Wie in einem barocken Deckengemälde hat sich der Himmel geöffnet. In einer hellen Wolkenbahn erscheint neben weiteren Engelsgestalten ein großer Engel, der die Arme ausbreitet, um die Seele der Maria im Himmel willkommen zu heißen.
Thomas Gädeke