Rembrandt Harmensz. van Rijn
Joseph erzählt seine Träume (Gen. 37, 5-10), 1638
Ein zweites Mal (wie bei Joseph und Potiphars Weib, Inv.-Nr. 6147) erzählt Rembrandt einen Teil der biblischen Josephsgeschichte. Hier geht es um deren Anfang: Der alte Patriarch Jakob sitzt im Vordergrund und hört ganz gebannt seinem jungen Sohn Joseph zu, der von seinen Träumen berichtet. Rechts vorn sitzt die Mutter Rahel, die geliebte Frau Jakobs, die ihm nach Joseph noch den kleinen Benjamin geboren hat, den man im Hintergrund spielen sieht. Die drei Gestalten im Vordergrund bilden die eigentliche, engere Familie. Hinter ihnen drängen sich die älteren Brüder Josephs. Ihnen gefallen die Traumgeschichten des Bruders nicht. Überhaupt mögen sie ihn nicht, weil ihr Vater Jakob ihn so sehr verwöhnt, ihm auch ein besonders schönes, buntes Kleidungsstück geschenkt hat. Und nun erzählt dieser Junge seine Träume, die in den Brüdern die Wut hochkochen lassen. Denn ihm träumte, dass die Geschwister alle zusammen Garben aus geerntetem Getreide auf dem Feld binden. Josephs Garbe steht hochaufgerichtet und die Garben der Brüder verneigen sich vor der seinen. In einem zweiten Traum erscheinen ihm die Sonne, der Mond und elf Sterne, und sie alle verbeugen sich vor ihm. Ganz naiv erzählt er diese Träume, aber nur seine Eltern hören gespannt zu. Die Brüder tuscheln schon und schmieden ihre Pläne, um den überheblichen Joseph loszuwerden. Das wird dazu führen, dass sie ihn als Sklaven nach Ägypten verkaufen und ihrem Vater vormachen, er sei von wilden Tieren zerfleischt worden. Wie Rembrandt die älteren Brüder auf diesem Bild von Joseph und den Eltern abtrennt, so gibt er auch dem jungen Benjamin, der später in der Geschichte noch eine gute Rolle spielen wird, einen besonderen Platz.
Thomas Gädeke