Rembrandt Harmensz. van Rijn

Gelehrter im Studierzimmer (Faust), um 1652

Dieses Blatt gehört zu den rätselhaftesten Radierungen Rembrandts, wobei schon viele verschiedene Antworten auf dieses Rätsel gegeben wurden. Wer ist dargestellt? Wir sehen einen gelehrten Mann bei der Arbeit vor seinem großen Schreibtisch mit einem Lesepult, Büchern und einem Globus in der vorderen Ecke. Auch die Papiere an der Wand hinter ihm sowie der Totenschädel weisen darauf hin, dass es sich um einen Gelehrten handelt. Er ist aufgestanden und schaut zum Fenster, wo eine überirdische Lichterscheinung auftaucht: eine strahlende, kreisrunde Scheibe mit dem Christus-Zeichen „INRI“ in der Mitte und weiteren Buchstaben auf zwei äußeren Kreisen. Neben dem Licht zeigt sich ein Spiegel, auf den eine Hand weist, dahinter eine geisterhafte Figur, die drinnen und draußen zugleich zu stehen scheint. Dies alles passt zu einer Szene aus einem Theaterstück über den Gelehrten Dr. Faust, der viele Jahre lang studiert und auf seine Fragen dennoch keine erschöpfende Antwort gefunden hat, weshalb er einen Pakt mit dem Teufel einging. In einer Version der Sage, die zu Rembrandts Zeit in Amsterdam als Theaterstück aufgeführt wurde, gibt es eine Szene, zu der die Darstellung genau passen würde. Faust fragt: „welch heller Schein vor meinen Augen“, worauf ihm sein Schutzengel antwortet: „Erwache Faust, der Teufel hat dich schon betrogen“. Damals lebte tatsächlich ein gelehrter Theologe namens Fausto Socini; er hatte eine einflussreiche Sekte begründet, die allerdings verfolgt wurde. So ist es wahrscheinlich, dass Rembrandt hier sowohl diesen Gelehrten wie auch den sagenhaften Dr. Faust gemeint haben könnte.

Uta Kuhl
Spätere Zustände zeigen Inv.-Nr. 6029 und 6030.

Details about this work

Radierung, Kupferstich und Kaltnadel 210mm x 160mm (Platte) 214mm x 164mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 6028 Collection: KK Druckgraphik, Niederlande, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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