Jacob Gerritsz. Cuyp

Geiz und Überfluss, um 1617

Eine reich gekleidete Dame, ein Füllhorn mit Münzen und Schmuck über ihrem Schoß entleerend, sitzt auf dem Rücken eines alten Mannes. Dieser hat mit ängstlicher Miene eine Truhe umfasst und umklammert mit der anderen Hand einen Geldsack. Er verkörpert den Geiz, während seine Gegenspielerin als Personifikation des Überflusses gedeutet wird.
Diese allegorische Darstellung wurde von Haverkamp Begemann zu Recht mit dem Brüsseler „Phoebus Apollo“ in Verbindung gebracht.(Anm.1) Beide Zeichnungen sind annähernd maßgleich, in gleicher Technik gearbeitet und vermutlich auch gleichzeitig entstanden. Dies allerdings nicht in den mittleren 1640er Jahren, wie noch 1977 vorgeschlagen wurde, sondern um 1617, denn unser Blatt lässt sich stilistisch den in dieses Jahr datierenden „Meistern der Holländischen Münze“ anschließen, einem der frühesten Gemälde des Künstlers.(Anm.2) Die dort dargestellte Personifikation der Gerechtigkeit ähnelt in Haartracht und Physiognomie der weiblichen Figur auf unserem Blatt, und auch das Thema ließe sich in Zusammenhang mit dem Gruppenbildnis der Münzbeamten bringen, wobei die bühnenhafte Anlage der Hamburger Zeichnung vielleicht konkret auf eine Rhetoriker-Aufführung deuten könnte.(Anm.3)
Auf den Gemäldekontext verweist auch die alte Beischrift auf der Rückseite unserer Zeichnung und schließt daraus folgerichtig auf eine Autorschaft des älteren Cuyp für unsere Zeichnung. Dessen Hand wurde für den Brüsseler „Apoll“ noch im Dordrechter Ausstellungskatalog von 1977 bezweifelt, da diese Figur von Aelbert Cuyp für ein Gemälde übernommen wurde und die im Zweitbestand verwahrte Hamburger Zeichnung nicht bekannt war. Heute können beide Zeichnungen mit großer Wahrscheinlichkeit Jacob Gerritsz. Cuyp gegeben werden. Dessen zeichnerisches Œuvre ist bislang nur unvollständig rekonstruiert: Nur 19 Zeichnungen werden mit seiner Hand in Verbindung gebracht.(Anm.4) Dabei nehmen die Blätter in Hamburg und Brüssel angesichts der allegorischen Thematik eine besondere Stellung ein.

Annemarie Stefes

1 Brüssel, Musées Royaux des Beaux-Arts, Sammlung De Grez, Inv.-Nr. 4060/982 (186 x 112 mm), Sander Parlberg (Hrsg.): Jacob Gerritsz. Cuyp (1594-1652), , Ausst.-Kat. Dordrechts Museum, Dordrecht 2002, Nr. d1.
2 Dordrecht, Museum Simon van Gijn, Inv.-Nr. 434, Aelbert Cuyp en zijn familie, Schilders te Dordrecht. Schilderijen en tekeningen, Ausst.-Kat. Dordrechts Museum, Dordrecht 1977/78, Nr. 1; vgl. Aelbert Cuyp en zijn familie, Schilders te Dordrecht. Schilderijen en tekeningen, Ausst.-Kat. Dordrechts Museum, Dordrecht 1977/78, bei Nr. 40.
3 Hinweis von Egbert Haverkamp Begemann per E-Mail, 3. 3. 2008.
4 Sander Parlberg (Hrsg.): Jacob Gerritsz. Cuyp (1594-1652), , Ausst.-Kat. Dordrechts Museum, Dordrecht 2002, S. 194-196.

Details about this work

Feder in Braun, grau laviert, Spuren von Graphit auf hellgrauem Papier; Einfassungslinien in Schwarz, Braun und Graphit 186mm x 108mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, KupferstichkabinettHamburger Kunsthalle, KupferstichkabinettHamburger Kunsthalle, KupferstichkabinettHamburger Kunsthalle, KupferstichkabinettHamburger Kunsthalle, KupferstichkabinettHamburger Kunsthalle, KupferstichkabinettHamburger Kunsthalle, KupferstichkabinettHamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 52352 Collection: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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