Joseph Werner

Zwei Schatzräuber werden von einem Gespenst in Ketten überrascht, 1667 - 1680

Dieses und die vier folgenden Blätter (Inv.-Nrn. 52310-52313) von Joseph Werner gehören zu einer größeren Gruppe von Schatzgräber- und Spukszenen, die in der Zeichentechik, dem hoch-rechteckigen Format und der nahezu gleichen Größe (ca. 350 x 220 mm) sowie in der Verwendung des graubraunen Papiers einander entsprechen. Weitere Blätter befinden sich in Bern (Anm.1) und Berlin.(Anm.2) Fast alle Blätter sind mit einem Strichrahmen eingefasst, der bei einigen am unteren Rand der Zeichnung noch einen schmalen Streifen offensichtlich für einen einzusetzenden Text freilässt. Rahmen und Text legen nahe, dass es sich bei den Zeichnungen um Vorlagen für Stiche handelt, die allerdings nicht ausgeführt wurden.
Die Entstehung der Zeichnungen fällt in die Zeit von 1667 bis gegen 1680, als Werner in Augsburg tätig war. Anregungen für seine phantastischen Blätter könnte Werner von Giovanni Benedetto Castigliones (vor 1609-vor 1664) Radierung der „Schatzgräber“ ebenso erhalten haben wie von Salvator Rosas (1615–1673) dämonischen Hexendarstellungen.(Anm.3) Werner besaß auch nach seiner Rückkehr aus Italien noch eine große Anzahl römischer Skizzen, Studienblätter und Kopien, die er während seines Romaufenthaltes angefertigt hatte.(Anm.4) Allerdings waren ähnliche Darstellungen auch in Augsburg aktuell: Johann Heinrich Schönfeld (1609– 1682/83) hatte das Thema der Schatzräuber bereits während seines Aufenthaltes in Rom aufgegriffen(Anm.5) und sich danach auch noch in Augsburg damit beschäftigt.(Anm.6) Ebenfalls widmete sich Schönfeld dem damals häufiger dargestellten Thema „Saul bei der Hexe von Endor“, bei dem er eine ähnlich drastische Phantastik wie Werner erreichte.(Anm.7)
An solche Vorbilder konnte Werner für seine Folge anschließen, die zu seinen theatralischsten Äußerungen gehört – deren inhaltliche Deutung jedoch nach wie vor nicht gänzlich geklärt ist. Während bei den Schatzräubern das Vanitasmotiv im Vordergrund steht, hat Glaesemer bei den Zauber- und Spukszenen zu Recht auf die Bedeutung von Geisterbeschwörung und Götzenkult nach dem Dreißigjährigen Krieg hingewiesen.
Eine Kopie nach diesem Blatt befand sich 2005 im Münchner Kunsthandel.(Anm.8)

Peter Prange

1 Bern, Kunstmuseum, Graphische Sammlung: „Saul bei der Hexe von Endor“, Inv.-Nr. A 1196, und: „Die Zauberin ,Armida‘ beschwört einen Drachen“, Inv.-Nr. A 8421, vgl. Glaesemer 1974, S. 129, Nr. 40 und S. 132, Nr. 43.
2 Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett: „Eine Zauberin beim Studium ihrer Mirakelbücher“, KdZ 6218, und: „Die Zauberin ,Medea‘ beschwört Meeresungeheuer“, KdZ 7636, vgl. ebd., S. 131, Nr. 42 und S. 133–134, Nr. 44.
3 Z. B. “Hexenszene” in New York, Metropolitan Museum of Art, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 125613, vgl. Michael Mahoney: The Drawings of Salvator Rosa in two volumes, Vol. I, S. 335–336, Nr. 28.4, Abb. Vol. II.
4 Glaesemer 1974, S. 37.
5 „Hebung eines Schatzes vor einem Grabmal“, Rom, Galleria Nazionale d’Arte Antica, Inv.-Nr. 1035, vgl. Johann Heinrich Schönfeld. Bilder, Zeichnungen, Graphik, Ausst.-Kat. Museum Ulm 1967, S. 18, Nr. 4, Abb.; „Die Plünderer“, Biberach, Städtische Sammlungen, Inv.-Nr. 5844, vgl. ebd., S. 18, Nr. 5, Abb.
6 „Schatzgräber in römischen Ruinen“, Staatsgalerie Stuttgart, Inv.-Nr. L 165, vgl. ebd., S. 49, Nr. 69, Abb. 72.
7 Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 517, vgl. ebd., S. 89–90, Nr. 168. Vgl. auch Helen C. M. Marres-Schretlen: Schönfeld-Ehingeren de heks van Endor, in: Bulletin van het Rijksmuseum 22, Heft 2/3, 1974, S. 100–104. Zu Werners Blatt gleichen Themas vgl. Anm. 1.
8 Pinsel in Dunkelbraun auf hellbraun grundiertem Papier, mit weißer Deckfarbe gehöht, Rahmenleiste Pinsel in Schwarz, 354 x 229 mm. Das Blatt stammt aus einem Konvolut von sieben Spukszenen, die Darstellungen Werners kopieren. Eines der Blätter ist mit dem Monogramm „PB“ versehen. Vier Motive nach Werner sind bekannt – neben zwei Hamburger Exemplaren eine Kopie nach einem Blatt in Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 6218, und nach einem Blatt in Bern, Graphische Sammlung des Kunstmuseums, Inv.-Nr. A 1196 –, drei dagegen geben unbekannte Darstellungen Werners wieder. Vgl. Kunstliteratur und Kunst, Fotographie, Anhang: Schlossbibliothek, Auktion 1.–2.6.2005, Dietrich Schneider-Henn, München 2005, S. 188, Nr. 3028,2.

Details about this work

Pinsel in Schwarz und Grau über schwarzer Kreide, mit weißer Deckfarbe gehöht auf hellbraunem Papier 353mm x 227mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 52309 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

We are committed to questioning the way we talk about and present art and our collection. Therefore, we welcome your suggestions and comments.

Feedback
Other works by
Joseph Werner