Joseph Heintz d. Ä., zugeschrieben

Maria mit dem Christuskind, 1595/1600

Das Blatt war bisher Giovanni Battista Cipriani (1727– 1785) zugeschrieben, doch ist die Zeichnung damit viel zu spät angesetzt. Das Blatt ist sicher um 1600 im Umfeld von Josef Heintz d. Ä. entstanden. Motivische Übereinstimmungen bestehen mit einigen um 1595/1600 zu datierenden Zeichnungen von Heintz: So kommt das Vorhangmotiv auch auf der 1594 entstandenen „Toilette der Venus“ im J. Paul Getty Museum in Malibu (Anm.1) und einer ehemals im Kunsthandel befindlichen „Madonna mit Kind und der hl. Magdalena“ vor.(Anm.2) Das Motiv der Nische mit einem Vorhang zeigt ähnlich ein Blatt mit „Venus, Amor und Satyr“, das von Franz Aspruck 1601 gestochen wurde.(Anm.3)
In der Technik entspricht die Hamburger Zeichnung bis auf die Weißhöhung den genannten Blättern von Heintz, doch unterscheiden sie sich im Grad der Ausar-beitung: So ist die 1594 datierte „Toilette der Venus“ im Duktus zwar kräftiger und zupackender, doch zeigt bereits die 2000 bei Sotheby’s versteigerte, weniger ausgearbeitete Madonna die zeichnerischen Möglichkeiten von Heintz. Deshalb weist Jürgen Zimmer darauf hin, dass neu aufgetauchte Blätter von Heintz von dem bisher Bekannten abweichen können.(Anm.4) Dies trifft auch für das vorliegende Blatt zu, für das es unter den wenigen bekannten Zeichnungen von Heintz nichts direkt Vergleichbares gibt. Trotzdem möchte Zimmer das Blatt Heintz zuschreiben (Anm.5), vor allem weil die Köpfe dem heintzschen Typus entsprechen wie insgesamt auch der etwas „süssliche“ Madonnentyp bei ihm häufiger vorkommt. Auch die Neigung, das große Thema der Madonna in eine idyllisch-private Szene umzuwandeln, in der die Madonna das Kind füttert, kommt bei Heintz häufiger vor. Da Heintz das Motiv nicht weiter – etwa in einem Gemälde – verfolgt hat, ist eine zeitliche Einordnung des Blattes in das Werk von Heintz schwierig, doch ist eine Entstehung um 1595–1600 möglich.
Einschränkend ist allerdings festzustellen, dass das Blatt einige Schwächen aufweist: So ist die räumliche Situation nicht klar formuliert, scheint sogar missverstanden zu sein in der Angabe der Nische, neben der sich links ein Fensterausblick öffnet, doch ist nicht klar, ob er noch zur Nische gehört oder hier ein neuer Wandabschnitt beginnt. Ähnliches gilt für das Sitzmotiv der Madonna, aus dem nicht deutlich genug hervorgeht, wie und ob sie auf einer Bank in der Nische sitzt. Auch das Standmotiv des Kindes ist nicht klar angegeben, es steht mehr auf dem Gewand Marias als auf ihrem Bein. Die räumlichen Bezüge sind insgesamt weniger klar formuliert als auf den genannten Blättern von Heintz.

Peter Prange

1 Malibu, J. Paul Getty Museum, Inv. Nr. 91. GB. 66, vgl. Jürgen Zimmer: Joseph Heintz der Ältere. Zeichnungen und Dokumente, München 1988, S. 132, Nr. A 48, Abb. 85.
2 Ehem. Kunsthandel, London, vgl. Old Master Drawings, Sa­le 7424, 26.1.2000, Sotheby’s, London 2000, S. 10–11, Nr. 4, Abb.
3 Ehem. Kunsthandel, Amsterdam, vgl. Zimmer (Anm. 1), S. 145–146, Nr. A 74, Abb. 115.
4 Vgl. Email vom 27.2.2006 (Bildakte, Archiv der Hamburger Kunsthalle).
5 Ebd.

Details about this work

Schwarze und rote Kreide, mit weißer Deckfarbe gehöht 201mm x 154mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 52235 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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