Marcanton Raimondi (Umkreis)
Diana und Aktäon
Verso: Diana und Aktäon
Das Blatt gibt auf dem Recto und Verso den Stich „Diana und Aktäon“ wieder, den Bartsch der Raimondi-Schule zugeordnet hat.(Anm.1) Zu sehen ist der entscheidende Augenblick der dramatischen Geschichte, in dem Diana Aktäon mit Wasser bespritzt, worauf diesem ein Geweih wächst. Beide Zeichnungen orientieren sich bis in Details an der Vorlage; kleine Veränderungen – z. B. zwei statt drei Geweihenden bei Aktäon – gehen wohl auf „Nachlässigkeiten“ des Zeichners zurück. Als größere Eigenmächtigkeit oder als Unverständnis des Kopisten ist die gegenüber dem Vorbild stark veränderte Wiedergabe der Reaktion der Diana zu bewerten. So ist das im Stich klar erkennbare Motiv des „Wasserspritzens“ auf dem Recto deutlich abgeschwächt und kaum noch als solches erkennbar. Da diese Fehlinterpretation der Vorlage auf dem Verso korrigiert wurde, könnte man vermuten, dass das Hamburger Blatt mit großer Wahrscheinlichkeit als Studie eines lernenden Künstlers in der Stecherwerkstatt Raimondis anzusehen ist. Die Geld sparende beidseitige Nutzung des Blattes unterstützt die Einordnung als Werkstattarbeit ebenso wie die Tatsache, dass die Nachzeichnung gegenüber der Vorlage seitengleich ist und verkleinert wurde. Die Qualität der beiden Kopien ist schwach.
David Klemm
1 Vgl. The Illustrated Bartsch 28 (15), 10-II (40); der Entwerfer der Stich-Komposition ist strittig, er dürfte wohl im Umfeld Raimondis zu suchen sein. Armano und Massari schlugen Giulio Bonasone vor. Vgl. The Illustrated Bartsch, 28 Commentary, (Le Peintre-Graveur 15 [Part I]), Italian Masters of the Sixteenth Century, bearb. v. Madeline Cirillo Archer, hrsg. v. John T. Spike, New York 1995, S. 40.