Giovanni Volpato, Stecher
nach Giuseppe Cades, Zeichner
nach Raffael, eigentlich Raffaello Santi oder Sanzio, Maler, Erfinder

Disputà, 1779

Aus: Le stanze di Raffaello, Blatt 2

Nach Giorgio Ghisis Kupferstich der Disputa von 1552 (Inv.-Nr. 718) dauerte es offenbar bis 1722, ehe wieder eine qualitätvolle Wiedergabe der komplexen Komposition erschien. Francesco Aquilas Radierung zeigte zwar Fortschritte in der Genauigkeit, ließ aber hinsichtlich einer wirkungsvollen Akzentuierung Wünsche offen. Einen neuen Maßstab setzte dann gut fünfzig Jahre später Giovanni Volpato mit einer großformatigen Reproduktion. Diese mit Genauigkeit ausgeführte Druckgraphik war Teil der nach neuesten Erkenntnissen mindestens 17 Blätter umfassenden Folge von Wiedergaben der Hauptwerke der Stanzen (vgl. Inv.-Nr. 1915-92). Die Disputa war das zweite Blatt der Edition und wurde von Volpato 1779 gemeinsam mit der Schule von Athen (Blatt 1) Papst Pius VI. in einer kolorierten Fassung übergeben. (Anm. 1) Volpato griff für seine Reproduktion auf eine hervorragende Farbkopie von Giuseppe Cades zurück, die dieser 1778 in Rom angefertigt hatte. (Anm. 2) Volpatos Wiedergabe lässt denn auch den Willen erkennen, die koloristischen Werte von Raffaels Fresko umzusetzen. Besonders hilfreich hierfür war die von ihm bevorzugte Mischtechnik von Kupferstich und Radierung. Im Ergebnis wirkt seine Wiedergabe deutlich malerischer als die seiner Vorgänger, was wohl auch einer der Gründe für ihren langanhaltenden Erfolg gewesen ist. Im Vergleich zu Aquila verfügt Volpato über eine breitere Palette an Ausdrucksmöglichkeiten. Er erzeugt Spannung durch starke Helldunkel-Kontraste, schafft aber gleichzeitig auch weiche Übergänge. Das Blatt ist reich an feinen tonalen Abstufungen.
Während Aquila eine längere Erklärung unter die Darstellung gesetzt hatte, verzichtete Volpato auf jegliche Erläuterung auf dem Blatt selbst. Dort findet sich stattdessen eine nicht zu übersehende Widmung an Pius VI. Möglicherweise in Reaktion auf Wünsche des Publikums publizierte Volpato dann aber noch ein who is who-Blatt mit den Köpfen und Namen der wichtigsten Persönlichkeiten der Disputa. (Anm. 3)
Volpatos Reproduktion der Disputa blieb für Jahrzehnte unerreicht. Bei allen Qualitäten hatte sie den Nachteil, dass Raffaels vielfältige Komposition trotz der Plattengröße von 572 x 750 mm nicht in allen Nuancen gewürdigt werden konnte. Diese Leistung vollbrachte dann um die Mitte des 19. Jahrhunderts Joseph von Keller mit einem geradezu monumentalen Kupferstich (Inv.-Nr. 26557).
David Klemm

LIT (Auswahl): Marini 1988, S. 138–139, Nr. 219; Höper 2001, S. 372–373, Nr. F
1.3 (mit älterer Lit.); Ausst.-Kat. Brescia 2020, S. 126, Nr. 41a

1 Marini 1988, S. 139.
2 Öl auf Leinwand, 79,5 x 113 cm, London, Royal Academy of Arts, Inv.-Nr. 03/678; vgl. Yarker 2016, S 276, mit Abb.
3 Höper 2001, S. 373, Nr. F 1.4, Abb.

Details about this work

Kupferstich und Radierung 521mm x 745mm (Bild) 572mm x 750mm (Platte) 616mm x 827mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 50026 Collection: KK Druckgraphik, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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