Heinrich Reinhold

Strand bei Cap`Orlando, um 1821

Auf seiner Sizilien-Reise 1820 besuchte Reinhold auch das an der Nordküste zwischen Milazzo und Cefalú gelegene Capo d’Orlando. Insgesamt drei kleinformatige Gemälde hat Reinhold mit variierenden Motiven von der Gegend angefertigt. Während ein Gemälde in Karlsruhe den Blick auf die eigentliche Landzunge aus der Ferne mit an einem Feuer sitzenden Mönchen (?) zeigt (Anm. 1), geben zwei andere in Schweinfurt und ehemals in Berlin denselben Blick auf einen schroffen Felsenkliff mit einer mittelalterlichen Turmruine wieder, an das die stürmische See anbrandet. Beide Gemälde unterschieden sich nur durch die unterschiedliche Staffage – das Gemälde in Schweinfurt zeigt im Vordergrund Fischer (Anm. 2), die damit beschäftigt sind, ihr Boot an Land zu ziehen, während im Mittelgrund bepackte Esel vorbeiziehen. Diese erscheinen auch auf einem ehemals in Berlin befindlichen, seit 1945 verschollenen Gemälde (Anm. 3), das aber im Gegensatz zu den gegen die Naturgewalten kämpfenden Fischer neben dem Kahn einen weiteren bepackten Esel und seinen Treiber im Vordergrund zeigt. Die Staffage zu dem 1821 datierten Gemälde wurde der Bezeichnung auf der Leinwand zufolge erst 1822 von Johann Adam Klein in Nürnberg hinzugefügt.
Vorbereitet hat Reinhold die beiden letztgenannten Gemälde durch eine Naturstudie des Felsenkliffs, die sich in Berlin befindet (Anm. 4). Auf ihr befindet sich keinerlei Staffage, die erst in den ausgeführten Gemälden hinzugefügt wurde. Zwei weitere Zeichnungen, die mit den beiden Gemälden in unmittelbaren Zusammenhang stehen, befinden sich in Hamburg. Das eine Blatt auf Transparentpapier (Inv. Nr. 43922) entspricht in den Maßen beiden Gemälden ziemlich genau, doch handelt es sich um keinen das Gemälde vorbereitenden Karton sondern um die eigenhändige Kopie nach dem in Schweinfurt befindlichem Gemälde. Reinhold hat wiederholt eigene Werke vor ihrem Verkauf kopiert, um die Komposition für sich bewahren zu können. Dass Reinhold dabei das Schweinfurter Gemälde kopierte, belegen Details wie die über den Strand verteilten Muscheln und der Seestern neben dem Boot. Auf dem Hamburger Blatt erscheinen nur die beiden bepackten Esel im Mittelgrund sowie ein weiterer vor der Felsenwand, die genauso auch auf dem Gemälde zu sehen sind, während die den Kahn an Land ziehenden Fischer Reinhold ausgelassen hat.
Diese erscheinen wiederum auf einem zweiten, großformatigen Blatt in Hamburg (Inv. Nr. 41294), das in schwarzer Kreide ausgeführt wurde. Die Staffage im Vordergrund entspricht dem Gemälde in Schweinfurt, doch wurde zusätzlich noch eine vierte Figur hinzugefügt. Nur angedeutet ist die Gruppe der bepackten Esel im Mittelgrund, ganz weggelassen wurde der Esel vor der Felsenwand. Das großformatige Blatt, das nahezu doppelt so groß ist wie die kleinformatigen Gemälde, ist auch insgesamt im Charakter verändert – an die Stelle des Natureindrucks tritt eine merkliche Dramatisierung der Felsformationen, die steiler, ragender proportioniert sind. Das Blatt wurde bisher für Reinhold beansprucht, doch sprechen die Dramatisierung der Landschaft und der Zeichenduktus sowie die Ausführung in schwarzer Kreide für die Autorschaft Johann Joachim Fabers.

Peter Prange

1 Küste bei Capo d’Orlando, 1820, Öl auf Leinwand, 21,2 x 35,2 cm, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle, Inv. Nr. 2274, vgl. Reinhold 1988, S. 75, Nr. 164, Abb. S. 248.
2 Küste bei Capo d’Orlando, 1821, Öl auf Leinwand, 26,5 x 39 cm, Schweinfurt, Museum Georg Schäfer, Inv. Nr. 2679, vgl. Reinhold 1988, S. 75, Nr. 165, Abb. S. 249.
3 Küste bei Capo d’Orlando, 1821/22, Öl auf Leinwand, 26 x 38 cm, ehemals Staatliche Museen zu Berlin, Alte Nationalgalerie, Inv. Nr. W.S. 186, vgl. Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz. Dokumentation der Verluste, Bd. II, Nationalgalerie, Berlin 2001, S. 88.
4 Strand bei Capo d’Orlando, Bleistift, 278 x 294 mm, Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. SZ 23, vgl. Reinhold 1988, S. 52, Nr. 22, Abb. S. 108.

Details about this work

Feder in Grau und Dunkelgrau über Bleistift auf Transparentpapier; aufgezogen und fest aufgelegt 260mm x 377mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett. Erworben 1909 Inv. Nr.: 43922 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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