Heinrich Reinhold, Zeichner
nach Franz Ludwig Catel, Zeichner

Capo Palinuro in Kalabrien

Dargestellt ist laut Beschriftung der Blick auf Cap Palinuro im Cilento südlich von Salerno. Reinhold selbst ist dort nie gewesen, er könnte sich allenfalls auf der Rückreise von Sizilien 1820 dort aufgehalten haben, doch hat er sich – nach allem was bekannt ist – mit einer englischen Reisegruppe von dort direkt nach Livorno einschiffen lassen.
Die Verwendung des Transparentpapiers legt wie bei Inv. Nr. 43920 vielmehr eine Kopie nahe; bestätigt wird diese Vermutung durch ein jüngst publiziertes Reisetagebuch des Archäologen Aubin-Louis Millin, der zwischen 1811 und 1813 Italien bereiste und zu diesem Zweck von Franz Ludwig Catel begleitet wurde, der für Millin die wichtigsten Monumente in Süditalien aufnahm (Anm. 1). Unter Catels Zeichnungen, die heute in der Bibliotheque Nationale in Paris verwahrt werden, befindet sich auch eine einfache Umrisszeichnung mit der Ansicht von Capo Palinuro (Anm. 2), nach der Reinhold seine Ansicht anfertigte. Das geringfügig größere Format seines Blattes, das zu den Rändern hin nicht vollständig ausgezeichnet ist, ist charakteristisch für Reinholds Kopien nach Werken anderer Künstler.
Die Beschriftungen auf Catels Zeichnung verdeutlichen die topographische Situation: Links an der äußeren Spitze der Landzunge das eigentliche Cap Palinura, In dessen Mitte sich die Casa del ossa oberhalb der gleichnamigen Grotte befand, die Millin besuchte (Anm. 3), während sich im Hintergrund sich die Berge des Punta di ascea erhoben. Der Blick erstreckt sich nach Norden bis Cap de Posidonio und in der Bildmitte bis Capri, das auf Catels Zeichnung ebenfalls mit Bleistift benannt ist.
Reinhold hat diese Beschriftungen genauso weggelassen wie die links von Catel in Bleistift angedeutete Palme. Weitere kleine Veränderungen auf Reinholds Zeichnung werfen die Frage auf, ob ihm Catels Zeichnung in Paris zur Verfügung stand, und bei welcher Gelegenheit er sie kopieren konnte. Durch einen Brief Reinholds vom 6. Mai 1819 an seinen Bruder Gottfried ist bekannt, dass Reinhold das Angebot Catels erhalten hatte, mit ihm in Rom zusammenzuarbeiten (Anm. 4). Ob es zu diesem Vorhaben gekommen ist, wissen wir nicht, Nachrichten darüber sind jedenfalls nicht bekannt, weshalb es fraglich ist, ob das Hamburger Blatt ein Hinweis für diese Zusammenarbeit sein könnte. Millin wollte die Zeichnungen Catels stechen lassen, doch ist es bis zu seinem Tod 1818 nicht mehr dazu gekommen. Möglich erscheint, dass Catel nach Millins Tod in Eigenregie eine Folge seiner in Süditalien entstandenen Ansichten herausgeben wollte, wofür er Reinhold als Stecher hätte engagieren können. Reinhold hätte dann zum Zwecke der Übertragung seine Kopie angefertigt, doch sind solche Stiche nicht bekannt. Gegen diese Vermutung spricht auch, dass Catels Zeichnungen sich seit Millins Rückkehr in Paris befanden. Möglich wäre, dass Reinhold Catels Zeichnung bereits in Paris gesehen hat, als er im Auftrag Vivant-Denons Stiche für das „Musée Napoleon“ anfertigte. Vivant-Denon stand mit Millin in Kontakt, und Reinhold könnte über ihn an Millin vermittelt worden sein, wo dessen Kopie entstanden sein könnte. Über in Paris entstandene Zeichnungen Reinholds ist wenig bekannt, doch dürfte die Kopie nach Catel stilistisch eher in Reinholds Zeit in Italien gehören. Die angesprochenen Unterschiede zwischen beiden Darstellungen könnten zudem dafür sprechen, dass Reinhold eine zweite, heute verschollene Fassung von Catels Zeichnung zur Verfügung stand.

Peter Prange

1 Zu Millins Reise und Catels Reise vgl. vgl. Anna Maria D`Achille, Antonio Iacobini, Gennaro Toscano: Il viaggio disegnato. Aubin-Louis Millin nell`Italia di Napoleone 1811-1813, Rom 2013, S. 17-30, Und S. 287-291.
2 Franz Ludwig Catel, Capo Palinuro, Bleistift, Feder in Braun, 221 x 330 mm, Paris, Bibliothèque nationale, Estampes, Vb 132 t, 1 Fol, P 67282, Inv. Nr. 187, vgl. Millin 2013, S. 298-299, Nr. 42, Abb.
3 Vgl. Extrait de quelques Lettres adressées à la Classe de la Littérature ancienne de l’Institut imperial, par A. L. Millin, Paris 1814, S. 17, vgl. Millin 2013, S. 45.
4 Gerhard Winkler: Heinrich Reinhold (1788-1825). Leben und Werk, in: Reinhold 1988, S. 349.

Details about this work

Feder in Graubraun auf Transparentpapier; aufgezogen und fest aufgelegt 238mm x 377mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett. Erworben 1909 Inv. Nr.: 43921 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

We are committed to questioning the way we talk about and present art and our collection. Therefore, we welcome your suggestions and comments.

Feedback