Friedrich Preller (der Ältere), zugeschrieben
Heinrich Reinhold, (?)
Johann Joachim Faber, ehemals zugeschrieben

Der Ponte di Celle bei Civita Castellana

Den Ponte di Celle über die 48 Meter tiefe Schlucht des Rio Maggiore nordöstlich von Civita Castellana hatte Papst Clemens XI. 1707 erbauen lassen. Im Hintergrund erhebt sich der Monte Soracte. Den Blick auf den Ponte Celle haben von demselben Standpunkt verschiedene Künstler festgehalten, u. a. bereits 1807 der Hamburger Johann Joachim Faber (Anm. 1), dieselbe Ansicht existiert auch von Lancelot Théodore Comte Turpin de Crisse (Anm. 2) und aus dem Jahr 1826 von Camille Corot (Anm. 3). Das Hamburger Blatt entspricht bis auf kleinere Abweichungen auch in den Maßen einem Blatt von Ernst Fries in Karlsruhe, das am 24. Mai 1826 entstanden ist (Anm. 4). Da das Hamburger Blatt weder signiert noch datiert ist, somit Reinholds Autorschaft nicht belegt ist, und die Ortsbezeichnung auf dem Hamburger Blatt der Schrift von Fries ähnelt, hielt es Elisabeth Bott und darin ihr folgend Sigrid Wechssler für möglich, dass das Blatt von ihm stammt (Anm. 5), zumal ein Aufenthalt Reinholds in Civita Castellana nicht belegt ist. Zudem hat kürzlich Matthias Lehmann anhand eines aufgetauchten Nachlassverzeichnisses der Zeichnungen von Fries nachweisen können, dass dieser nach Blättern Reinholds kopiert hat (Anm. 7), was die stilistische Nähe erklären kann.
Unlängst tauchte im Kunsthandel jedoch eine weitere, nur geringfügig größere Version der Darstellung auf, die ebenfalls von Fries stammt (Anm. 6), der wiederholt nach eigenen Zeichnungen für Künstlerkollegen kopiert hat. Eine vierte, in den Maßen mit dem Hamburger Blatt übereinstimmende Version befand sich 1988 im Zürcher Kunsthandel, die von Friedrich Preller stammt (Anm. 8). Preller hat das Blatt signiert und mit „Civita Castellana“ bezeichnet; die Bezeichnung auf dem Hamburger Blatt stammt von der gleichen Hand, weshalb es sich bei dem Zeichner ebenfalls um Preller handelt. Dies legt nicht nur der Vergleich der Handschriften nahe, sondern auch die Übereinstimmungen bis ins Detail, die Preller auf dem Blatt aus dem Zürcher Kunsthandel durch die Verwendung von Deckweiß noch farblich zu akzentuieren wusste. Die damals vertretene Ansicht, es könne „aufgrund der Genauigkeit und der Originalität des ortsspezifischen Landschaftsausschnitts ganz zweifellos auf ihre Entstehung an Ort und Stelle geschlossen werden“ (Anm. 9), erscheint angesichts der verschiedenen übereinstimmenden Varianten in einem anderen Licht. Die Entstehung von Prellers Blatt in Rom ist durch die Ortsangabe gesichert, doch ist dieser Version vorausgegangen das Hamburger Blatt auf Transparentpapier, das Preller bei seinem Aufenthalt in Rom von Fries nach einer in Rom verbliebenen Version – Fries war bereits im Juni 1827 aus Rom abgereist, Preller hingegen traf erst Ende 1828 dort ein - kopiert hat. Erst danach entstand nach der Hamburger Kopie das farblich ausgearbeitetere Blatt aus dem Kunsthandel.

Peter Prange

1 Johann Joachim Faber, Ponte di Celle, nordöstlich von Civita Castellana, 1807, Bleistift, schwarze und weiße Kreide, auf blauem Papier, 269 x 395 mm, Hamburger Kunsthalle, Inv. Nr. 43861, vgl. Faber in Italien, Ausst.-Kat. Museum für Kunst und Kulturgeschichte der Hansestadt Lübeck/Behnhaus, Lübeck 1992, Nr. 26.
2 Lancelot Théodore Comte Turpin de Crisse, Ponte Celle bei Civita Castellana, Bleistift, Pinsel in Grau, 203 x 269 mm, Paris, Musée du Louvre, Inv. Nr. MI 650.
3 Camille Corot, Civita Castellana, 1826, Bleistift, 310 x 450 mm, Paris, Louvre, Inv. Nr. R. 2520, vgl. Peter Galassi: Corot in Italy. Open-Air Painting and the Classical-Landscape Tradition, New Haven-London 1991, S. 176, Abb. 217.
4 Ernst Fries, Ponte di Celle bei Civita Castellana, 1826, Bleistift, Pinsel in Braun, Grau und Hellblau, 303 x 421 mm, Karlsruhe, Staatliche Kunsthalle, Kupferstichkabinett, Inv. Nr. 1968-1, vgl. Kat. Karlsruhe 1978, S. 181, Nr. 1045, Abb. S. 24.
5 Vgl. Kat. Karlsruhe 1978, S. 181.
6 Ernst Fries, Ponte di Celle bei Civita Castellana, 1827, Pinsel in Braun, Grau, und Blau, über Bleistift, 318 x 433 mm, vgl. Heilmann Stiftung 2013, S. 152-153, Farbabb.
7 Matthias Lehmann: Naturstudien-Nachlaß-Nachruhm. Die Nachlaßakte des Landschaftsmalers Ernst Fries (1801-1833), Frankfurt am Main 2013, S. 202.
8 Friedrich Preller, Ponte di Celle bei Civita Castellana, Bleistift, weiß gehöht, 300 x 430 mm, heutiger Standort unbekannt, vgl. Das Porträt als Bildnis und als Landschaft. Zum Individuellen in der künstlerischen Darstellung, Ausst.-Kat. Galerie Dr. Schenk, Zürich 1988, S. 184-185, Nr. 31, Farbabb. Ich danke Matthias Lehmann, Konz-Könen, der mich auf das Blatt von Preller hinwies (email vom 8.11.2011).
9 Ausst.-Kat. Zürich 1988, S. 184

Details about this work

Bleistift auf Transparentpapier; aufgezogen und aufgelegt 300mm x 427mm (Blatt) Erworben 1906 bei Amsler & Ruthardt, Berlin Inv. Nr.: 41297 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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