Johann Sebastian Bach

Idyllische Landschaft mit Tempel und Aquädukt, 1776

Das Blatt zählt zu Bachs Hauptwerken auf dem Gebiet der idyllischen Landschaft. Die Komposition der idealen Flusslandschaft mit Aquädukt und Tempel steht in der Tradition der Idyllen Salomon Gessners (1730–1788) und ähnlichen arkadischen Landschaften seines Lehrers Adam Friedrich Oeser (1717– 1790).1 Das Blatt ist vermutlich als Pendant von Inv.-Nr. 1914-285 entstanden2, das in Technik, Komposition und Maßen der Landschaft mit Tempel und Aquädukt entspricht. Eine fast in allen Details identische, ebenfalls 1776 entstandene Fassung besitzt die Albertina in Wien.3 Eine weitere, jedoch seitenverkehrte Fassung, die 1775 entstanden ist, befindet sich in Weimar.4 Gleichzeitig entstand das einzige bekannte Gemälde von Bach, das die Komposition mit geringfügigen Abweichungen ebenfalls seitenverkehrt zeigt.5
Oeser hat die Landschaft in einem Brief an Ludwig Christian Hagedorn beschrieben: „Von Bach ist diesmal eine erhabene Landschaft. Es ist eine Aussicht von Lichten-walde, nach der Natur gezeichnet; nur mit dem Unterschiede, daß, wo in der Natur ein kleines modernes Lusthäuschen stehet, ist an dessen Stelle eine Ruine gesetzt worden, und wo der Wasserfall des Gartens von einem Berge über Gesträuche wegfällt, da fällt in der Zeichnung das Wasser nicht so gerade über die Bäume, sondern schlägt mehr wider die ausgewachsenen Felsen, der Mannigfaltigkeit willen, den Berg hinunter auf die Flur. In dem Hintergrunde ist eine alte steinerne Brücke, die in der Natur nicht ist. Im Vordergrunde ist in der Natur eine Treppe, den Berg hinunter, mit einer etwas steifen Mauer, welche in Bosquets verwandelt worden. Auf der Treppe kommen einige Mädchen zur Statue der Flora, ihre Puppen ihr zu opfern. Kurz, es ist eine erfindungsreiche Landschaft.“6 Oeser hatte den Brief im Februar 1776 anlässlich einer Ausstellung in Weimar geschrieben, wo die Landschaft unter dem Titel „Das Monument in Arkadien“ ausgestellt wurde. Oeser dürfte allerdings nicht das vorliegende Blatt beschrieben haben, sondern die Zeichnung in Weimar, die entsprechend erfolgreich gewesen sein dürfte, sah sich Bach doch zu mehreren Wiederholungen veranlasst: „,Das Monument in Arkadien‘ […] fand solchen Beifall, daß es Bach mehreremal wiederholen mußte. Das Original kaufte sofort der bekannte Sammler und Kunstfreund Herr von Schachmann in Königshain in der Oberlausitz. Eine Wiederholung bestellte Anton Graff für sich, eine zweite der dänische Gesandte in Dresden.“7

Peter Prange

1 Vgl. etwa Oesers „Arkadische Landschaft“ in Weimar, Klassik Stiftung Weimar und Kunstsammlungen, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. KK 285, vgl. Fröhlich 2002, S. 200–201, Abb. 154.
2 Dass Bach Gegenstücke angefertigt hat, bestätigt er selber 1774 in einem Brief an Oesers Tochter Friederike, vgl. Gustav Wustmann: Ein Enkel Johann Sebastian Bachs, in: Ders.: Aus Leipzigs Vergangenheit. Gesammelte Aufsätze, 3. Reihe, Leipzig 1909, S. 294.
3 Wien, Albertina, Inv.-Nr. 4992, vgl. Maren Gröning, Marie Luise Sternath: Die deutschen und Schweizer Zeichnungen des späten 18. Jahrhunderts. Beschreibender Katalog der Handzeichnungen in der Graphischen Sammlung Albertina, Bd. IX, hrsg. v. Konrad Oberhuber, Wien 1997, S. 24, Nr. 24.
4 Weimar, Klassik Stiftung Weimar und Kunstsammlungen, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. KK 315.
5 Hamburger Kunsthalle, Inv.-Nr. 448, vgl. Katalog der alten Meister der Hamburger Kunsthalle, Hamburg 5, 1966, S. 18, Nr. 448.
6 Zitiert nach Wustmann (Anm. 2), S. 296–297.
7 Ebd., S. 297.

Details about this work

Pinsel in Grau und Schwarz, grün aquarelliert 323mm x 458mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 40377 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

We are committed to questioning the way we talk about and present art and our collection. Therefore, we welcome your suggestions and comments.

Feedback
Other works by
Johann Sebastian Bach