Guglielmo Cortese, gen. Il Borgognone (eigentlich Guillaume Courtois)

Halbfigur eines erstaunten Mannes

In der Mitte des 17. Jahrhunderts traten Pier Francesco Mola, Domenico Maria Canuti und Guglielmo Cortese in der Nachfolge Baroccis und Bassanos mit vorzüglichen farbigen Kreidestudien hervor. Eine genaue Händescheidung derartiger Blätter ist aufgrund großer Übereinstimmungen im Strichbild schwierig.
Dies spiegelt auch die Diskussion um die subtile Zeichnung eines erschreckt schauenden Mannes. Sie wurde von Harzen zunächst als Werk Nicolas Poussins eingeschätzt, bevor sie zu einem unbekannten Zeitpunkt dem gebürtigen Franzosen Guglielmo Cortese zugewiesen wurde. Entschiedene Zweifel daran äußerten auf dem Hamburger Kolloquium 2005 Ursula Fischer Pace und Nicholas Turner, die für Mola plädierten, und Andrea Czére, die Canuti favorisierte.(Anm.1) Auf diesen Künstler hatte 1984 bereits Christel Thiem hingewiesen.(Anm.2)
Simonetta Prosperi Valenti Rodinò sieht grundsätzlich eine große Nähe zwischen den Kreidestudien Molas und Corteses.(Anm.3) Bei der Hamburger Zeichnung fühlt sie sich aufgrund des Strichbildes stärker an Cortese erinnert, weshalb sie eine Beibehaltung der alten Zuschreibung für sinnvoll hält. Sie vermutet eine Entstehung in den 1650er Jahren, in denen der junge Cortese stark von Mola beeinflusst worden ist. Eine malerische Umsetzung dieser Figur lässt sich nicht nachweisen.

David Klemm

1 Anlässlich des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28. 10. 2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
2 Notiz auf der Karteikarte; der Hinweis stammt vom 2. 6. 1984.
3 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 28. 3. 2008.

Details about this work

Schwarze, rote und gelbe Kreide, weiß gehöht; aufgezogen 372mm x 246mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 24068 Collection: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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