Zusammen mit Inv.-Nr. 1951-222 entstand die Küstenlandschaft noch 1770, nachdem Hackert im Frühjahr 1770 in Neapel erkrankt war und danach in Vietri sul Mare Erholung suchte. Die beiden Hamburger Sepia-Zeichnungen dokumentieren Hackerts erste Begegnung mit dieser Landschaft und ihren typischen, von hohen Pinien bewachsenen Felsen und Buchten. Dabei schildert er die Landschaft jeweils nur in kleinen Ausschnitten, die erst gemeinsam gesehen ein vollständigeres Bild von der damals noch unerschlossenen Küste ergeben. Es geht Hackert mehr um die detailgetreue Wiedergabe der Landschaft und die Gestaltung sowie Einbindung der verschiedenen Flächen in den Raum. Kontrastreich heben sich die dunklen, kräftigen Partien im Vordergrund hervor, das spiegelnde Wasser trennt die einzelnen Bildelemente mehr als dass es sie vereint, weshalb Nordhoff nicht zu Unrecht von „Rauminseln“ spricht, denen der Gesamteindruck untergeordnet wird. Kompositorisch am nächsten steht dem vorliegenden Blatt eine im gleichen Jahr entstandene Ansicht der Küste von Capri in Stuttgart(Anm.1), auf der Hackert den gleichen kulissenartigen Bildaufbau verwendet. Darüber hinaus ist das Hamburger Blatt in Format und Technik zwei weiteren 1770 in Vietri entstandenen Verkaufsblättern eng verwandt.(Anm.2)
Nach dem Hamburger Blatt ätzte Wilhelm Friedrich Schlotterbeck (1777–1819) 1797 für die Chalcographische Gesellschaft in Dessau eine Aquatinta.(Anm.3)

Peter Prange

1 Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 688, vgl. Nordhoff 1994, S. 264, Nr. 637, Abb. 294.
2 „Bei Vietri“, Privatbesitz, vgl. Nordhoff 1994, S. 257–258, Nr. 621; und „Lamarina à Vietri“, Kunstmuseum Olten, Stiftung für Kunst des 19. Jahrhunderts, Inv.-Nr. 1990. Z. 19 (nicht bei Nordhoff 1994), vgl. Ausst.-Kat. Olten 1999, S. 31–32, Nr. 13.
3 Nordhoff ohne Hinweis auf die Aquatinta, vgl. Ausst.-Kat. Dessau 1996, S. 174.

Details about this work

• Label

  Beschriftung: Oben links signiert und datiert: "à Vietri pres de Salerne f: par J. philippe Hackert 1770" (Feder in Braun)

  Beschriftung fremd: Auf dem Verso oben in der Mitte nummeriert: "5 (im Kreis)"; unten rechts nummeriert: "862"; unterhalb davon nummeriert "727 (durchgestrichen)" (Bleistift); unterhalb davon nummeriert: "105" (Feder in Braun); Stempel der Hamburger Kunsthalle (L. 1328)

• Catalog of works

  Nordhoff 620

• Provenance

  Wahrscheinlich zwischen 1869 und 1886 durch Schenkung oder Erwerb aus unbekannter Quelle in den Besitz der Kunsthalle gelangt

• Bibliography

  Von Dürer bis Goya. 100 Meisterzeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Petra Roettig, Annemarie Stefes, Andreas Stolzenburg; Bearbeitet von: Petra Roettig, Annemarie Stefes, Andreas Stolzenburg; Hamburger Kunsthalle, 2001, S. 174-175, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 82, Abb.

  Kunst der Goethezeit aus den Sammlungen der Hamburger Kunsthalle, Eckhard Schaar; BATIG KunstFoyer, Hamburg, 1989, S. 12, 28, Abb. S. S. 18, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 18

  Jakob Philipp Hackert 1737-1807. Verzeichnis seiner Werke, Claudia Nordhoff, Hans Reimer, 1994, S. 257, Abb. S. 285, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 620

  Der Zeichner Christoph Heinrich Kniep (1755-1825). Landschaftsauffassung und Antikenrezeption, Georg Striehl, 1998, S. 266, Abb. S. 362, Abb.-Nr.

  "Le Voltaire de l´Art". Johann Georg Wille (1715 - 1808) und seine Schule in Paris, Hein- Th. Schulze Altcappenberg, 1987, S. 327, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 87

  Italienreise um 1800. Aquarelle und Zeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, Wolf Stubbe; Hamburger Kunsthalle, 1958, S. 34, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 169

  Sepia-Zeichnungen aus der Umgebung Neapels von Philipp Hackert, Wolfgang Krönig, 1971, S. 178-179, Abb. S. 178, Abb.-Nr.

  Alla Ricerca del Sud. Tre secoli di viaggi ad Amalfi nell'immaginario europeo; Antico Arsenale Amalfi, 1989, Abb. S. III, 1, 33, Abb.-Nr.

  Disegni a Seppia nei dintorni di Napoli, Wolfgang Krönig, 1980, Abb. S. 1, Abb.-Nr.

  Deutsche Landschaftszeichnungen des 18. Jahrhunderts aus der Graphischen Sammlung; Staatsgalerie Stuttgart, 1985, S. 40, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. bei Nr. 15

  "...Waren nicht des ersten Bedürfnisses, sondern des Geschmacks und des Luxus." Zum 200. Gründungstag der Chalcographischen Gesellschaft Dessau, Herausgeber: Norbert Michels; Anhaltinische Gemäldegalerie Dessau, 1996, S. 174, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. bei Nr. 75-77

  Facetten der Romantik. Aquarelle und Zeichnungen aus der Stiftung für Kunst des 19. Jahrhunderts; Kunstmuseum Olten, 1999, S. 32, Abb.-Nr.

  The Ingram Collection: Drawings & Watercolours from the Collection of the Late Michael Ingramm, Sotheby's; London, 2005, S. 52, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. bei Nr. 59

  Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Peter Prange; Herausgeber: Hubertus Gaßner und Andreas Stolzenburg, 2007, S. 176-177, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 363

  Jakob Philipp Hackert. Europas Landschaftsmaler der Goethezeit, Herausgeber: Hubertus Gaßner und Ernst-Gerhard Güse; Klassik Stiftung Weimar, Hamburger Kunsthalle, 2008, S. 339, 236, Abb, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 99