Johann Christoph Erhard

Berghütte am Nessfelder Tauern mit einem Heu tragenden Bauern davor, 1816-18

Erhard war um den 12. August 1818 zusammen mit Johann Adam Klein, Ernst Welker und den Brüdern Heinrich und Friedrich Philipp Reinhold von Salzburg nach Berchtesgaden aufgebrochen, das als Ausgangspunkt für eine Expedition dienen sollte, die die Fürsten Lobkowitz an den Großglockner unter nehmen wollten.(Anm. 1) Erhard nahm an der Expedition jedoch nicht teil, sondern setzte seinen Weg – so überliefert es Heinrich Reinhold in einem Brief an seinen Bruder Gustav - zusammen mit Welker nach Bad Gastein fort.(Anm. 2) Über ihre Reiseroute ist nichts bekannt, doch nimmt Gärtner an, dass sie wahrscheinlich den Weg über Ramsau und Zell am See und schließlich Lend nach Bad Gastein genommen haben.(Anm. 3) Auf dem Weg dorthin (Anm. 4) und in Bad Gastein entstanden mehrere Zeichnungen (Anm. 5), die alle ein etwa einheitliches Format aufweisen und deshalb aus einem Skizzenbuch bzw. –block stammen dürften.(Anm. 6) Auch die beiden Hamburger Blätter stammen daher, die offensichtlich Ausflüge in die nähere Umgebung dokumentieren: Die ausgearbeitete Bleistiftzeichnung zeigt der Beschriftung zufolge eine Berghütte auf dem Nassfelder Tauern, der an der Grenze zu Kärnten das Tal des Mallnitzbaches mit dem Nassfelder Tal bei Bad Gastein verbindet, während das Aquarell am 11. September auf der Edderalpe vermutlich in den Hohen Tauern auf einer Gebirgswanderung entstand, als die Künstler vom Wintereinbruch überrascht wurden. Das in einer eher wenig differenzierten Ton-in-Ton-Malerei ausgeführte Aquarell ist im Vergleich mit anderen Aquarellen für Erhard ungewöhnlich, könnte aber ein Indiz für ein vor der Natur bzw. unmittelbar aus der Erinnerung entstandenes Aquarell sein. Dargestellt sind von hinten drei Männer beim Berganstieg auf einem markierten Saumpfad im Nebel; Harzens Eintrag in seinem Inventar - "Zwei Künstler nebst einem Führer besteigen einen Berg bei Schneewetter" – legt nahe, dass die beiden Künstler und ein Bergführer dargestellt sind. Bei dem hinteren der drei Wanderer handelt es sich wohl aufgrund der etwas untersetzten Statur und der Kopfbedeckung, die er auch auf Inv.-Nr. 23055 trägt, um Ernst Welker; vor ihm geht der einheimische Bergführer, dem Erhard vorangeht.

Peter Prange

1 Vgl. dazu Heinrich Schwarz: Heinrich Reinholds Bericht über seine Reise nach Salzburg, Tirol und Oberösterreich im Sommer 1818, in: Mitteilungen der Gesellschaft für Salzburger Landeskunde LXVII, 1927, S. 162.
2 Schwarz 1927, S. 163.
3 Vgl. Gärtner 2012, S. 83-85.
4 Landschaft in der Ramsau, Bleistift, 164 x 210 mm, Standort unbekannt, vgl. Gärtner 2012, S. 354-354, Nr. N 51; Gebirgslandschaft bei Lend, Bleistift, 169 x 200 mm, Privatbesitz, vgl. Gärtner 2012, S. 275, Nr. 333; Auf dem Weg von Lend nach Gastein, Bleistift, Aquarell, 199 x 167 mm, Mainz, Landesmuseum, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. GS 1903/97, vgl. Gärtner 2012, S. 275, Nr. 334.
5 Älterer Mann und Mädchen in Pinzgauer Tracht, Bleistift, aquarelliert, 169 x 199 mm, Wien-Museum, Inv.-Nr. 115211, vgl. Gärtner 2012, S. 275, Nr. 332; Wirtshaus beim Straubinger in Gastein, Bleistift, 169 x 202 mm, München, Staatliche Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 26249, vgl. Gärtner 2012, S. 276, Nr. 335.
6 Neben Inv.-Nr. 23239 weist auch Gärtner 2012, Nr. 333, das gleiche Wasserzeichen „H. OSER“ auf.

Details about this work

Bleistift 168mm x 200mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 23239 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 1800-1850 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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