Hans Burgkmair d. Ä.

Selbstbildnis, 1517

Das Selbstbildnis Burgkmairs wurde auf Grund des nachträglich (?) angebrachten Monogramms „AD“ noch von Sandrart, in dessen Besitz es sich befand, als eine Arbeit Dürers angesehen. Er ließ für seine „Teutsche Academie der Bau-, Bild- und Mahlerey-Künste“ (1675) nach dem Bildnis einen Stich anfertigen, damit es „dem großgünstigen Liebhaber communicirt wird“. Von Sandrarts Erben ist das Blatt als Dürer 1716 durch die Vermittlung des Barons Philipp von Stosch in den Besitz des Greffier François Fagel d. Ä. in Den Haag gekommen (Anm. 1), Harzen hat es ebenfalls noch als eine Zeichnung Dürers erworben.
Erst Dornhöffer ist es zu Beginn des letzten Jahrhunderts gelungen, Burgkmair als Autor des Bildnisses zu bestimmen. Er vermutete, dass das Portrait mit Hilfe von zwei Spiegeln angefertigt wurde, was die relativ schmale Kopfform erklären würde. Dürer hat seinen Schüler Burgkmair 1518 in einer ähnlichen Portraitzeichnung dargestellt (Anm. 2), die das schmale Gesicht mit der hohen Stirn des Künstlers ebenso vortrefflich wiedergibt wie das Hamburger Blatt. Lucas Furtenagels 1529 entstandenes Doppelportrait von Burgkmair und seiner Frau (Anm. 3) ist darüber hinaus ein weiterer Beleg für die Identifizierung der Zeichnung als Portrait Burgkmairs wie auch Hans Schwarz’ 1518 entstandene Bildnismedaille.(Anm. 4)
Burgkmair trägt eine knapp sitzende Netz- oder Drahthaube, die einen Teil der Haare vor allem im Nacken freilässt. Die lässige Tracht deutet weniger auf einen Künstler – überhaupt fehlen alle Geräte, die auf einen Maler deuten könnten –, sondern auf einen Bürgerlichen. Mit einer ähnlichen Kopfbedeckung hatte Burgkmair kurz zuvor – wohl um 1511 – auch Jakob Fugger (1459–1525) dargestellt (Anm. 5), der den Beinamen „der Reiche“ trug. Die Kopfbedeckung Burgkmairs symbolisiert den Stand des Künstlers, der seit 1510 mit Kaiser Maximilian I. in Verbindung stand und für ihn eine ganze Reihe von Holzschnitten ausführte. Die Aufträge hatte oft der Humanist und Historiker Konrad Peutinger vermittelt, der Burgkmair in die Vorstellungswelt der Antike einführte. Seit 1504 hatte Burgkmair für Peutinger nach antiken Münzen Holzschnitte mit Imperatorenbildnissen für das sogenannte „Kaiserbuch“ angefertigt und von ihm wohl auch die altlateinische Antiquaschrift übernommen.(Anm. 6) Das Vorbild antiker Münzen war für Burgkmairs Bildnistypus von entscheidender Bedeutung. Auch das Bildnis des Jakob Fugger hatte Burgkmair in der „antiken“ Form des Münzbildnisses inszeniert, das die Dargestellten im Profil zeigte. Bereits in einem frühen, wohl schon um 1505 entstandenen Selbstbildnis, das aber erst 1514 als Titelabbildung im „Büchlein von der Complexion der Menschen“ erschien, hatte sich Burgkmair im Profil dargestellt und zur Bekräftigung des antikischen Eindrucks die „moderne“ Medaillenform gewählt. Vor diesem Hintergrund entstand auch das Hamburger Blatt, in dem sich antikische Vorstellungen und moderne Renaissanceformen miteinander verbinden.
In der Staatsbibliothek München befinden sich in einem Klebeband, der Zeichnungen Joachim von Sandrarts und seines Umkreises enthält (Anm. 7), zwei Kopien nach dem Hamburger Bildnis. Der Band umfasst insgesamt 115 Blätter mit 264 Zeichnungen. Er entstand in Vorbereitung der „Teutschen Academie“ und enthält ab Seite 18 zahlreiche Künstlerbildnisse seit Cimabue und Giotto. Eine erste, das Original Burgkmairs verkleinernde und ins Oval umsetzende Kopie, befindet sich auf Seite 28.(Anm. 8) Bei der Darstellung Burgkmairs ist die Beschriftung auf dem Hamburger Blatt weggelassen worden, und sie versucht es in einzelnen Partien zu korrigieren. So ist vor allem der Halsansatz organischer gestaltet und zusätzlich fügte der Kopist noch eine auf dem Original fehlende linke Schulter hinzu. Diese Kopie diente als Vorlage für den Stich in der „Teutschen Academie“ (S. 224/5) und ist dort als ein Portrait Dürers von Burgkmair gekennzeichnet.
Ein zweites, das Hamburger Selbstbildnis genau und im Maßstab 1:1 kopierendes Portrait befindet sich auf Seite 65 und ist über die schriftliche Nachricht hinaus ein Beleg, dass sich Burgkmairs Selbstbildnis in Sandrarts Besitz befand.(Anm. 9) Die Beschriftungen des Hamburger Blattes sind vollständig weggelassen, doch handelt es sich sonst bis in einzelne Strichlagen um eine sehr genaue Kopie, die auch im Ausdruck sehr ähnlich ist und ebenfalls den zu kleinen Hinterkopf genauso übernimmt.

Peter Prange

1 Beschreibung von Stosch: „7 Portrait en grand de Hans Burgmeier, peintre et disciple de Albert Durer, desine par Albert Durer. 1514“, vgl. Heringa 1981, S. 90.
2 Oxford, Ashmolean Museum, Douce Collection, vgl. Strauss 1974, Bd. 3, S. 1740, Nr. 1518/21, Abb.
3 Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nr. 924, vgl. Sylvia Ferino-Pagden, Wolfgang Prohaska, Karl Schütz: Die Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in Wien. Verzeichnis der Gemälde, Wien 1991, S. 60, Taf. 576.
4 Vgl. Ausst.-Kat. Berlin 1977, S. 111, Nr. 19, Abb. 77.
5 Ausst.-Kat. Hamburg 1983, S. 94, Nr. 32, Abb.
6 Ausst.-Kat. Berlin 1977, S. 113.
7 München, Bayerische Staatsbibliothek, Handschriftenabteilung, Cod. icon. 366. Für den Hinweis auf den Codex danke ich Tilman Falk, Augsburg. Zum Codex siehe Rudolf Artur Peltzer: Sandrart-Studien. I. Eine unbekannte Sammlung von Handzeichnungen Sandrarts in der Münchner Staatsbibliothek. II. Das Nachlassinventar des Nürnberger Kunstverlegers Johann Jakob von Sandrart von 1698, in: Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst, N.F. II, 1925, S. 103–165.
8 Schwarze Kreide, 131 x 107 mm, bez.: „hans Burckmair von Augsburg“; darunter: „Mal: 44 bb“; Mitte rechts: „AD“ (ligiert); unter dem Blatt in Feder in Braun: „Hanns Burckmair. Augustans“.
9 Schwarze Kreide, Pinsel in Schwarz, mit weißer Deckfarbe gehöht, 342 x 225 mm, ohne Wasserzeichen, bez. später in Bleistift auf einem 15 mm breiten, von der Darstellung abgesetzten Streifen: „Hanns Birkmajer“; unter dem Blatt in Feder in Braun: „Hanns Burchmair, Augustanus. No: 6.“

Details about this work

Schwarze Kreide (?) auf weißem Papier 300mm x 193mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 23008 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 15.-18. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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