Albrecht Dürer
Zwei Gewandstudien, 1521
Nach den vorbereitenden Zeichnungen für den Heller- und Landauer-Altar, die 1510/11 entstanden, verwendete Dürer während seiner Reise in die Niederlande in den Studien eines 93jährigen Mannes erstmals wieder farbig grundierte Papiere.(Anm. 1) Die Gewandstudie schuf er in der zweiten Hälfte des Jahres 1521 nach seiner Rückkehr aus den Niederlanden. Ob die beiden Gewandstudien sitzender Figuren Vorarbeiten zu einem großen Marienbild mit Assistenzfiguren sind, das von Panofsky als eine „sacra conversazione“ bezeichnet wurde, lässt sich aber nicht schlüssig beweisen. Der Altar ist nur durch eine Reihe von Kompositionsskizzen in Chantilly (Anm. 2), Paris (Anm. 3) und Bayonne (Anm. 4) sowie – neben dem Blatt in Hamburg – durch mehrere Detailstudien auf farbig grundiertem Papier in Bremen, Nürnberg und Berlin bekannt (Anm. 5), wozu auch das Hamburger Blatt gehört. Gänzlich unbekannt sind dagegen Auftraggeber und der geplante Aufstellungsort. Die systematische Vorbereitung in schnellen Federskizzen und in ausgearbeiteten Detailstudien sprechen jedoch für ein größeres Projekt, mit dem Dürer nach seiner Rückkehr aus den Niederlanden, wo er viel Anerkennung erfahren hatte, seine bisherigen Gemälde übertreffen wollte. Tatsächlich gelangt Dürer in den Detailstudien zu einer neuen, das Blatt vollständig füllenden Monumentalität.
Entgegen der bisher vertretenen Meinung, es handle sich bei dem Hamburger Blatt, das durch eine frühere Restaurierung stark gelitten hat, um eine Kreidezeichnung, haben jüngste genaue Untersuchungen ergeben, dass es sich um eine mit einem Metallstift ausgeführte Zeichnung handelt.(Anm. 6) Ob auch die anderen Blätter auf farbig grundiertem Papier wie das Hamburger mit einem Metallstift ausgeführt wurden, konnte nicht ermittelt werden.
Peter Prange
1 Berlin, Kupferstichkabinett, KdZ 38, vgl. Strauss 1974, Bd. 3, S. 2000, Nr. 1521/2, Abb. und Wien, Albertina, Inv.-Nrn. 3167 D 144 und 3168 D 145, vgl. ebd., S. 2002–2004, Nrn. 1521/3 und 1521/4. 2 Chantilly, Musée Condé, Inv.-Nr. 889 (311), vgl. Strauss 1974, Bd. 4, S. 2144, Nr. 1521/81, Abb.
3 Paris, Louvre, Cabinet des dessins, Inv.-Nrn. 19.604 und RF. 1.079, vgl. ebd., S. 2146, Nr. 1521/82, Abb. u. S. 2148, Nr. 1521/83, Abb.
4 Bayonne, Musée Bonnat, Inv.-Nr. 1277/1505, 1275/1504 u. 1277/1506, vgl. ebd., S. 2164, Nr. 1521/91, Abb., S. 2180, Nr. 1522/1, Abb. u. S. 2182, Nr. 1522/2, Abb.
5 Bremen, Kunsthalle, Kupferstichkabinett, bis 1945, vgl. ebd., S. 2152, Nr. 1521/85; Nürnberg, Germanisches Nationalmuseum, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. Hz 5489, vgl. ebd., S. 2156, Nr. 1521/87, Abb; Berlin, Staatliche Museen, Kupferstichkabinett, KdZ 239 u. KdZ 41, vgl. ebd., S. 2158, Nr. 1521/88, Abb. u. S. 2160, Nr. 1521/89, Abb.
6 Ich danke Georg Dietz, Stuttgart, der im Rahmen eines Praktikums in der Restaurierungswerkstatt für Graphik in der Hamburger Kunsthalle die Zeichnung 2006 einer genauen Autopsie unterzogen hat. Georg Dietz bereitet eine Diplomarbeit über Zeichenmaterialien der Dürerzeit an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, Studiengang Restaurierung und Konservierung von Graphik, Archiv- und Bibliotheksgut, vor.
Details about this work
Beschriftung: Unten links datiert und monogrammiert: "1521 AD" (Metallstift)
Beschriftung fremd: Auf dem Verso unten links Stempel der Sammlung Dimsdale (L. 2426); Kunsthalle (L. 1338)
Hohe Krone mit zweikonturigem Bügel mit Perlen, darüber ein zweikonturiges Kreuz, ähnlich Briquet 4902 (Treviso 1520), vgl. auch das Blatt in der Lehmann Collection (Piccard I, Abt. XII, 34 b)
erworben aus Mitteln der Campe'schen Historischen Kunststiftung
Ausstellung von Zeichnungen Alter Meister aus den Sammlungen der Kunsthalle zu Hamburg; Kunstverein in Hamburg, 1920, S. 12, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 48
The complete Drawings of Albrecht Dürer, Walter L. Strauss, 1974, S. 2154, Abb. S. 2155, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 1521/86
Die Zeichnungen Albrecht Dürers 1520-1528, Friedrich Winkler, 1939, S. 50, Abb. S. Taf. 841, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 841
Albrecht Dürer, Erwin Panofsky, 1948, S. 83, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 777
Kritisches Verzeichnis der Werke Albrecht Dürers. Der reife Dürer. Von der niederländischen Reise im Jahre 1520 bis zum Tode des Meisters 1528, Hans Tietze, Erika Tietze-Conrat, 1938, S. 34, Abb. S. 175, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 858
Zeichnungen von Albrecht Dürer in Nachbildungen, Friedrich Lippmann, 1888, S. 18, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 161
Albrecht Dürer. Das malerische Werk, Fedja Anzelewsky, 1971, S. 54, Abb.-Nr.
Von Dürer bis Baselitz. Deutsche Zeichnungen aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle; Hamburger Kunsthalle, 1989, S. 26-27, Abb., Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 9
Albrecht Dürer. Sein Leben und seine künstlerische Entwicklung, Eduard Flechsig, 1931, S. 249, 309, Abb.-Nr.
Albrecht Dürer: Leben und Werk, Friedrich Winkler, 1957, S. 322, Abb.-Nr.
Die Kunst Albrecht Dürers. Seine Werke in Originalen und Reproduktionen geordnet nach der Zeitfolge ihrer Entstehung, Gustav Pauli; Kunsthalle Bremen, 1911, S. 37, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 1070
Albrecht Dürer; Germanisches Museum, Nürnberg, 1928, S. 106, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 199
Deutsche Zeichnungen 1450-1800. Katalog, Peter Prange; Herausgeber: Hubertus Gaßner und Andreas Stolzenburg, 2007, S. 153, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 297
Albrecht Dürer; Germanisches Museum, Nürnberg, 1928, S. 106, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 199
Dürer's Journeys. Travels of a Renaissance Artist, Susan Foister, Peter Van den Brink; London, 2021, 2021, S. 131, Abb. S. 130, Abb.-Nr. , Kat.-Nr. 58
Vergleich: DÜRER WAR HIER. Eine Reise wird Legende, Herausgeber: Peter van den Brink; Suermondt-Ludwig-Museum Aachen / National Gallery London, 2021, S. 408, Abb. S. 413, Abb.-Nr.