Job Adriaensz. Berckheyde, Zeichner
Anonym (niederländisch, 17. Jh.), ehemals zugeschrieben

Stehender Bauer von vorn gesehen

Bereits Harzen sah die stilistische Zusammengehörigkeit der Inv.-Nr. 22804 und 22803 – möglicherweise hatte er beide Zeichnungen auch als Paar erworben. Vermutlich mit Blick auf verwandte Gemäldefiguren inventarisierte er sie unter dem Namen des Jan Lingelbach.(Anm.1) Dessen Autorschaft ist aufgrund der stilistischen Unvereinbarkeit mit gesicherten Arbeiten des Künstlers jedoch auszuschließen, und so lagen beide Zeichnungen zuletzt unter den anonymen Niederländern.(Anm.2) Dabei wurde die Verbindung zu einer großen Gruppe von Figurenstudien übersehen, die mit Job Berckheyde bzw. seinem Bruder Gerrit Adriaensz. (1638–1698) in Verbindung gebracht wurden.(Anm.3) Diese Blätter werden u. a. in Leiden und Groningen verwahrt.(Anm.4) Die Leidener „Studie eines stehenden Mannes“ trägt das auf Job verweisende Monogramm „J.B.“. Auch für die Hamburger Blätter käme Job als Urheber in Betracht. Sein jüngerer Bruder Gerrit zeichnete ausschließlich auf weißem Papier und betonte darüber hinaus – anders als der Zeichner der Hamburger Blätter – die plump proportionierten Hände.(Anm.5)

Annemarie Stefes

1 Vgl. den stehenden bärtigen Mann am linken Rand der „Straßenszene mit einem Capriccio aus römischen Motiven“, Worcester (Mass.), Worcester Art Museum, Sarah C. Carver Fund, Inv.-Nr. 1976.155, Laurie B. Harwood: Inspired by Italy. Dutch landscape painting 1600-1700, Ausst.-Kat. London, Dulwich Picture Gallery 2002, Nr. 48.
2 Ein Beispiel für die in der Regel mit Tusche lavierten Kreidezeichnungen Lingelbachs sind die „Stehenden Fischer“, Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. Q* 7 a, Michiel C. Plomp: Jan Pietersz. Zomer's inscriptions on drawings, in: Delineavit et Sculpsit 17, 1997, S. 13-27, Nr. 244 mit weiteren Verweisen. – Bert Meijer sah in einer undatierten Notiz auf dem alten Passepartout einen möglichen Zusammenhang mit Giacomo Cavedone (1577–1660).
3 Peter Schatborn in einer Notiz von 1973 zu Inv.-Nr. 22803 in der Photokartei des RKD („G. Berckheyde“), mündlich bestätigt am 23.2.2008 vor den Originalzeichnungen in Hamburg.
4 Männerstudien auf blauem Papier befinden sich u. a. in Leiden, Prentenkabinet der Universiteit, Inv.-Nr. PK-P-AW 0980 (255 x 163 mm); ehemals Sammlung Hans van Leeuwen, Aukt.-Kat. Amsterdam, Christie’s, 13. 11. 1995, Nr. 180 (289 x 160 mm); Aukt.-Kat Amsterdam, Sotheby’s, 2. 11. 1987, Nr. 67 (248 x 171 mm). Vermutlich der gleichen Gruppe zugehörig ist die Gerrit Berckheyde zugeschriebene Studie im Groninger Museum, Inv.-Nr. 1952-138 (graues Papier, 312 x 180 mm). Grundsätzlich verwandte Rötelstudien werden verwahrt in Frankfurt am Main, Städel Museum, Graphische Sammlung, Inv.-Nr. 747 (als Gerrit Berckheyde) und den Staatlichen Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. KdZ 315, Inv.-Nr. KdZ 316 und Inv.-Nr. KdZ 5352, Elfried Bock, Jakob Rosenberg: Die niederländischen Meister. Beschreibendes Verzeichnis sämtlicher Zeichnungen, Staatliche Museen zu Berlin. Die Zeichnungen alter Meister im Kupferstichkabinett, 2 Bde., Berlin 1930, Bd. 1, S. 81 (als Gerrit Berckheyde). Rötelstudien einer ähnlich gekleideten und ebenfalls ein Bündel transportierenden Frau befinden sich in der Kunsthalle Bremen, Kupferstichkabinett, Inv.-Nr. 59/292 (als D. van den Bergen, Corpus Gernsheim 60 803, von Schatborn in einer Notiz auf der Photokartei des RKD von 1972 Gerrit Berckheyde zugeschrieben) und in Aukt.-Kat. Utrecht, Van Huffel, 18. 4. 1939, Nr. 81 (als „Adriaen van den Velde“, im RKD aber Gerrit Berckheyde zugeordnet). Vgl. auch die traditionell Gerrit zugeschriebene „Studie einer die Füße waschenden Frau“, Rotterdam, Museum Boijmans Van Beuningen, Inv.-Nr. GAB 1, Corpus Gernsheim 36 167. Die formalen Überschneidungen erklären sich wohldadurch, dass beide Brüder nach denselben Modellen zeichneten, vgl. Schatborn, in: Peter Schatborn: Dutch Figure Drawings from the seventeenth century, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Washington, National Gallery of Art, Den Haag 1981, S. 131.
5 Vgl. Peter Schatborn: Dutch Figure Drawings from the seventeenth century, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Washington, National Gallery of Art, Den Haag 1981, S. 108–109.

Details about this work

Schwarze Kreide, weiß gehöht, auf ehemals blauem Papier (grünlich verfärbt und ausgeblichen); Einfassungslinien (Feder in Braun) 282mm x 155mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22804 Collection: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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