Francis Cleyn, zugeschrieben
Anonym (niederländisch, 17. Jh.), ehemals zugeschrieben

Christus am Ölberg

Die recto gezeichnete Figur geht eindeutig auf eine ältere Vorlage zurück, vielleicht, wie von Julius S. Held vorgeschlagen, auf ein deutsches Gemälde des frühen 16. Jahrhunderts.(Anm.1) Einen wichtigen Hinweis für die Einordnung des Blattes gibt die rückseitige Beischrift, wonach die Zeichnung in Kopenhagen entstanden ist. Leider ist eine genaue zeitliche Bestimmung angesichts der unvollständig erhaltenen Jahreszahl unmöglich.
Harzen brachte das Blatt mit Nicolaus Knüpfer (1603–1655) in Verbindung, der zwischen 1637 und 1639 einen Auftrag über drei Gemälde für Christian IV. erhielt. Knüpfers Zeichnungen bieten jedoch keinen unmittelbaren stilistischen Anhaltspunkt, ausgenommen die Putten auf einigen seiner Gemälde mit Blick auf die Verso-Skizze des vorliegenden Blattes.(Anm.2) Diese erinnert wiederum an Werke Cornelis van Poelenburchs, was Harzens alte Assoziation mit Bartolomeus Breenbergh erklären könnte.
In einer alten Karteinotiz wurde die alte Beischrift auf Karel van Mander (III) bezogen, der von 1638 bis 1670 in der dänischen Hauptstadt lebte (vgl. Inv.-Nr. 22139). Noch näher steht unserem Blatt allerdings das Werk des wohl in Rostock geborenen, in den Niederlanden ausgebildeten und zwischen 1611 und 1625 ebenfalls in Kopenhagen tätigen Francis Cleyn.(Anm.3) Die breiten, etwas fahrigen Konturen der Verso-Zeichnung und ihre grob und luftig wirkende Schraffur erinnern an eine signierte Zeichnung des Künstlers aus dem Jahre 1615, und auch die weich verwischte Modellierung des Recto lässt sich mit Zeichnungen dieses Künstlers in Verbindung bringen,4 so dass eine Zuschreibung unter Vorbehalt in Betracht gezogen werden sollte.

Annemarie Stefes

1 Nach einer Karteinotiz von Wolf Stubbe.
2 „Götterfest“, Standort unbekannt, Jo Saxton: Nicolaus Knupfer. An original artist. Monograph and Catalogue Raisonné of Paintings and Drawings, Doornspijk 2005, Nr. 41. Vgl. ebd. Nr. D 1 - D 31 für die größtenteils mit Feder, ungleich flüssiger gearbeiteten Zeichnungen des Künstlers.
3 Dieser Aufenthalt wurde unterbrochen durch eine Italienreise (1611–1617); im Jahre 1625 übersiedelte Cleyn nach England, vgl. Drawing in England from Hilliard to Hogarth, bearb. von Lindsay Stainton und Christopher White, Ausst.-Kat. London, British Museum, New Haven, Yale Center for British Art, 1987, S. 70.
4 Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, Kongelige Kobberstiksamling, Nr. Td 503,3, Christian IV and Europe. The 19th Art Exhibition of the Council of Europe, Ausst.-Kat. Kopenhagen 1988, Nr. 357; für die Recto-Darstellung vgl. die ebenfalls auf blauem Papier gezeichnete „Allegorie“, London, British Museum, Department of Prints and Drawings, Inv.-Nr. 1874,0808.21; vgl. auch eine Zeichnung auf grünem Papier in Kopenhagen, Statens Museum for Kunst, Kongelige Kobberstiksamling, Nr. Td 503,18 a, Foto Gernsheim Nr. 81959. Vgl. für die feiernden Putten auch das Cleyn zugeschriebene Deckenbild im Winterzimmer von Schloß Rosenborg, 1617, Karen Holst: Music as theme in art and life at the Court if Christian IV, in: Leids Kunsthistorisch Jaarboek 2, 1984, S. 137-156, Abb. 3.

Details about this work

Schwarze und weiße Kreide auf blaugrauem Papier 246mm x 195mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22797 Collection: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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