Cornelis Dusart, (?), Zeichner
Jan Havicksz. Steen, ehemals zugeschrieben

Bauernpaar auf einem Stuhl

Diese Zeichnung galt aufgrund ihrer alten Beischrift bis zuletzt als Arbeit des Jan Steen. Zu den einzigen ihm mit Sicherheit zuschreibbaren Zeichnungen fehlt jedoch der stilistische Bezug.(Anm.1)
Fred G. Meijer sah einen möglichen Zusammenhang mit Cornelis Dusart, der sich erwiesenermaßen an Vorlagen Steens orientierte.(Anm.2) Eine stilistisch verwandte Arbeit, ebenfalls von alter Hand, aber in abweichender Schrift „J. Steen“ bezeichnet, wird im Historischen Museum Amsterdam in der Tat Dusart zugeordnet.(Anm.3) Dort sind die Figuren mit ähnlich sprödem Federstrich konturiert und sind auch als Typen eng verwandt, bis hin zu Details wie den im verlorenen Profil wiedergegebenen Gesichtern mit den dreieckig angesetzten Nasen.(Anm.4)
Für die Verwendung grundierten Papiers ist im Œuvre Dusarts nur ein einziges Beispiel bekannt, und auch diese „Geigenstunde“ war ehemals Jan Steen zugeordnet.(Anm.5) Sie ist mit 133 x 127 mm annähernd maßgleich und unserem Blatt in der lockeren Konturenführung grundsätzlich vergleichbar. Dieses Blatt steht wiederum thematisch einer ebenfalls auf blau grundiertem Papier gearbeiteten „Flötenstunde“ nahe, deren alte Zuschreibung an Jan Steen heute unter Vorbehalt akzeptiert wird.(Anm.6) Möglicherweise gehen das Hamburger Blatt und die anderen Zeichnungen dieser Gruppe auf entsprechende, heute verlorene Vorlagen Steens zurück.
Im Falle der Hamburger Zeichnung wurde das ursprüngliche Erscheinungsbild von späterer Hand verunklärt: Mauerstruktur und Bretterwand im Hintergrund sind ebenso wie die Figurenkonturen mit dem Pinsel nachgezogen. Doch auch für die originale Federzeichnung mit den stellenweise etwas zittrigen Strichen und der wie gedrechselt wirkenden Nackenpartie der sitzenden Frau ist eine Zuordnung an Dusart nur unter Vorbehalt denkbar.

Annemarie Stefes

1 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-1888-A-1514, Peter Schatborn: Dutch Figure Drawings from the seventeenth century, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Washington, National Gallery of Art, Den Haag 1981, S. 79, Nr. 90; Schatborn ebd. und Wouter Th. Kloek: Jan Steen (1626-1679), Zwolle 2005, S. 47–50 und 54–55 gingen davon aus, dass dem Künstler ein Vorrat von Figurenstudien zur Verfügung stand; Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, Bd. 1, S. 64 vermutete, dass Steen nur in seiner Frühzeit gezeichnet hat.
2 Mündliche Mitteilung, 3. 10. 2008 auf Grundlage einer Digitalphotographie. Zu Dusarts Orientierung an Steen vgl. Trautscholdt 1966, S. 185 mit Verweis auf eine gezeichnete Kopie nach Steen: Paris, Fondation Custodia, Inv.-Nr. I 4371; vgl. Bernhard Schnackenburg: Adriaen van Ostade, Isack van Ostade. Zeichnungen und Aquarelle. Gesamtdarstellung mit Werkkatalogen, 2 Bde, Hamburg 1981, Bd. 1, S. 64.
3 „Tanzendes Bauernpaar“, Amsterdams Historisch Museum, Inv.-Nr. TA 10317, Ben Broos, Marijn Schapelhouman: Nederlandse Tekenaars geboren tussen 1600 en 1660, Oude tekeningen in het bezit van het Amsterdams Historisch Museum, waaronder de collectie Fodor, Bd. 4, Amsterdam/Zwolle 1993, Nr. 56. Vgl. auch die in gleicher Weise bezeichnete Dusart-Zeichnung in Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. Q*19, Eddy de Jongh, Ger Luijten: Mirror of Everyday Life. Genreprints in the Netherlands 1550-1700, Ausst.-Kat. Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Ghent 1997, S. 374 Abb. 1; zu diesen Zeichnungen vgl. Broos 1989, S. 35. Der Gruppe anzuschließen ist auch die Dusart zugeschriebene, ebenfalls „Steen“ bezeichnete Zeichnung in Cambridge (Mass.), Harvard Art Museum/Fogg Museum, Sammlung Maida und George Abrams, Inv.-Nr. 1999.138.
4 Susan Anderson, die eine Dissertation mit Werkverzeichnis zu Cornelis Dusart vorbereitet, sah in der braunen Federzeichnung durchaus Parallelen zu den unter Anm. 3 erwähnten Zeichnungen in Amsterdam und Haarlem, erlaubte sich ohne Kenntnis des Hamburger Originals aber kein abschließendes Urteil (Mitteilung per E-Mail, 8. 12. 2008 auf Grundlage einer Digitalphotographie).
5 Aukt.-Kat. Amsterdam, Christie’s, 24. 11. 1992, Nr. 58 (freundlicher Hinweis von Susan Anderson).
6 Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. Q*17, Michiel C. Plomp: Jan Pietersz. Zomer's inscriptions on drawings, in: Delineavit et Sculpsit 17, 1997, S. 13-27, Nr. 455; die Zeichnung galt bereits 1695 bei Sybrandt II Feitama als „Steen“.

Details about this work

Feder in Braun über schwarzer Kreide, grau laviert auf blaugrau grundiertem Papier; Einfassungslinien (Feder in Schwarz) 133mm x 115mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 22553 Collection: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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