Willem van Mieris
Alter Leierspieler, um 1690
Traditionell als Werk des Frans van Mieris (II) (1689–1763) verwahrt, wurde diese Zeichnung von Naumann (1978) aus dessen Werk ausgeschieden. Die Zuschreibung an dessen Vater Willem van Mieris basiert auf dem Zusammenhang mit einem Gemälde aus dem Jahre 1690.(Anm.1) Ein unmittelbarer zeitlicher Kontext zu diesem Bild ist auch angesichts der stilistischen Nähe zu Inv.-Nr. 22169 anzunehmen.
Willem van Mieris gehörte zu den Genremalern, die auch als Zeichner sehr aktiv waren. Gemeinsam mit Jacob van Toorenvliet und Karel de Moor gründete er 1694 die Leidener Zeichenakademie und hinterließ ein in thematischer und technischer Hinsicht vielfältiges gezeichnetes Œuvre.
Für die vorliegende Zeichnung verwendete er in Öl getränkte Holzkohle, eine Technik, für die sich in seinem Œuvre bislang kein weiteres Beispiel finden ließ. Der auf diese Weise erzielte satte und weiche Strich wurde schon im mittleren 17. Jahrhundert für Figurenstudien geschätzt (vgl. Inv.-Nr. 21708;21709), und an diese Tradition scheint Van Mieris hier anzuknüpfen. Auch von seinen Zeitgenossen wurde die geölte Kohle verwendet, so zeichnete etwa Jan van Huysum Landschaften und Blumenstücke in dieser Technik (Inv.-Nr. 1952-91; 220591).
Das verschollene Gemälde Willems wurde in mehreren Fassungen variiert.(Anm.2)
1 Heutiger Standort unbekannt, aber dokumentiert durch die Beschreibung Hofstede de Groots, vgl. HdG Nr. 268: „“Eingeschlafener Leiermann, den Leierkasten auf dem Schoß, die Pfeife durch den Hutrand gesteckt, sitzt neben seinem Frühstückstisch, darauf Brot, Heringschüssel, Bierkrug, Schollen und Messer. Hinter ihm zeigt triumphierend eine Frau seine Börse zwei Männern am Kamin, die über ihre Geschicklichkeit lachen; der eine raucht, der andere hält eine Kanne. Datiert 1690. Zuletzt Auktion Paris (Duc de Morny), 31.5.1865, Nr. 61“.
2 Anhaltische Gemäldegalerie Dessau, Inv.-Nr. 436, Alexandra Nina Bauer: Anhaltische Gemäldegalerie Dessau. Die holländischen Gemälde des 17. und 18. Jahrhunderts, Kataloge der Anhaltischen Gemäldegalerie Dessau, Bd. 13, 2005, Nr. 436; Edinburgh, Sammlung des Herzogs von Sutherland.