Joos van Craesbeeck

Mönch und Nonne

Diese Darstellung eines Mönches, der eine Nonne umarmt und dabei durch das Fenster beobachtet wird, war als Thema mit satirisch antiklerikaler Note keine Seltenheit in der Kunst der Brouwer-Nachfolge (vgl. Inv.-Nr. 22087). Dabei war der moralisierende Akzent anfangs wohl noch stärker ausgeprägt: Vor der finalen Fassung des mit lüsternem Ausdruck der Frau zugewandten Mönches hatte der Künstler ursprünglich eine andere Variante im Sinn, bei der sich der Liebhaber mit erschreckt aufgerissenem Mund von seinem Gegenüber abwandte. Die hier zur Übermalung, also Korrektur verwendete weiße Farbe verlor im Laufe der Jahre ihre Deckkraft, so dass heute die Ausgangskomposition wieder zu erkennen ist. In diesem Zusammenhang besteht Anlass zu der Annahme, dass es sich bei der durch das Fenster hineinschauenden Figur um eine Darstellung des personifizierten Todes handelt. Dessen alltägliche Präsenz – ein ursprünglich mittelalterliches Motiv – wurde von Joos van Craesbeeck und anderen Antwerpener Künstlern in den 1640er Jahren aufgegriffen und wiederbelebt.(Anm.1) Auch die keineswegs scheu sich zierende Nonne mit den scharfen Gesichtszügen, tiefliegenden Augen und dem boshaften Grinsen unterstreicht diesen warnenden Unterton.

Annemarie Stefes

1 Peter C. Sutton, Marjorie E. Wieseman, David Freedberg: The Age of Rubens, Ausst.-Kat. Boston, Museum of Fine Arts, Toledo, Toledo Museum of Art, New York 1993, S. 431 und 433; vgl. ein Gemälde in Gotha, Schlossmuseum, Inv.-Nr. Ahv.90, „Der Tod in der Tür“, ebd. S. 433, Abb. 2.

Details about this work

Pinsel in brauner, ölhaltiger Farbe über Kohle, stellenweise mit Deckweiß korrigiert, auf gelblichem Papier 403mm x 242mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21816 Collection: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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