Egbert van Drielst
Hermanus van Brussel, ehemals zugeschrieben

Waldlandschaft in der Nähe von Eext (Drenthe)

Diese Zeichnung war ehemals Hermanus van Brussel zugeschrieben, ist jedoch eine typische Arbeit des Egbert van Drielst, worauf erstmals Jan Wolter Niemeijer aufmerksam machte und nach ihm Michiel Plomp und Robert-Jan te Rijdt.(Anm.1) Vergleichbare Zeichnungen befinden sich in Amsterdam und Haarlem.(Anm.2) Zusätzlich bestätigt wird die Zuschreibung durch eine signierte Erstfassung in Amsterdam, in den Grundzügen übereinstimmend bei kleinerem Format und fehlender Staffage.(Anm.3) Deren rückseitige Annotation – „getekent voor de Heer de Jon[gh]“ – bezieht sich wohl auf eine ausgeführte Zweitfassung für den Rotterdamer Sammler Daniël de Jongh, wie von Ingrid Oud vorgeschlagen wurde.(Anm.4) Die Existenz mehrerer auf einen „Prototypen“ zurückgehender Fassungen ist ein unter den „Sammlerzeichnungen“ des 18. Jahrhunderts keineswegs ungewöhnliches Phänomen.
Der aus Groningen stammende Van Drielst war der erste Künstler seiner Generation, der die damals noch recht unberührte nordholländische Provinz Drenthe als bildwürdig erachtete. Von 1772 bis etwa 1795 bereiste er regelmäßig diese Gegend.(Anm.5) Im Gegensatz zu den topographischen Zeichnern der Vorgängergeneration galt sein Interesse nicht der nüchternen Bestandsaufnahme, sondern der Wiedergabe von Stimmung und Atmosphäre und war damit Ausdruck für ein neues Naturgefühl.(Anm.6) Eine besondere Rolle spielten neben den einsamen Höfen und weiten Feldern der urtümlichen Gegend die knorrigen Eichen, die dem auch hier dargestellten Dörfchen Eext seinen Namen gegeben haben.(Anm.7) Für die Gestaltung dieser Bäume orientierte sich der Künstler am 17. Jahrhundert, an Vorläufern wie Meindert Hobbema und Jacob van Ruisdael, was ihm später den Beinamen „Drenthse Hobbema“ einbrachte.
Das Hamburger Blatt ist aus stilistischer Sicht in die 1790er Jahre anzusetzen und gehört damit zu den späten Drenther Landschaften des Künstlers. Ungewöhnlich ist die spätere „Umwidmung“ dieser Zeichnung an seinen weniger bekannten Zeitgenossen Herman van Brussel. Dies geschah offenbar in fälschender Absicht, denn die originale Bezeichnung und Signatur unten links war abgeschabt und durch den Namenszug Van Brussels ersetzt worden. Möglicherweise sollte das Blatt nach Deutschland verkauft werden, wo Van Brussel der bekanntere Künstler war. Er „lieferte viele seiner Zeichnungen an deutsche Kunsthändler und hatte deswegen manchmal viel Arbeit“.(Anm.8) Harzen allerdings erwarb dieses Blatt, folgt man seiner Notiz im handschriftlichen Inventar, bei dem Londoner Kunsthändler Edward Evans.

Annemarie Stefes

1 J. W. Niemeijer in einer undatierten Karteinotiz im Archiv des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle; Michiel Plomp in einer E-Mail vom 18.3.2004; Robert-Jan te Rijdt auf dem Symposium „Niederländische Altmeisterzeichnungen 1500 bis 1800“ am 21. und 22.2.2008 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.
2 Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Inv.-Nr. RP-T-FM-32, J. W. Niemeijer, Robert-Jan te Rijdt: Hollandse aquarellen uit de 18de eeuw, Ausst.-Kat. Paris, Fondation Custodia, Amsterdam, Rijksprentenkabinet, Zwolle 1990, Nr. 17 (1793); Haarlem, Teylers Museum, Inv.-Nr. W 57 und Inv.-Nr. W 58, Leslie A. Schwartz: The Dutch drawings in the Teyler Museum: Artists born between 1740 and 1800, Dutch drawings in the Teyler Museum, Bd. 4, Haarlem 2004, Nr. 92 und 93 (1791).
3 Amsterdams Historisch Museum, Inv.-Nr. TA 10506 (233 x 367 mm), Ingrid Oud, Leonoor van Oosterzee: Nederlandse Tekenaars geboren tussen 1660 en 1745, Oude tekeningen in het bezit van de Gemeentemusea van Amsterdam, waaronder de collectie Fodor, Zwolle 1999, Nr. 48 ohne Verweis auf die Hamburger Zeichnung. Neben Wanderer, Hirten und trinkender Kuh ergänzt unser Blatt links einen Ausblick über Felder auf ein Dorf, rechts einen monumentalen Eichbaum.
4 Ingrid Oud, Leonoor van Oosterzee: Nederlandse Tekenaars geboren tussen 1660 en 1745, Oude tekeningen in het bezit van de Gemeentemusea van Amsterdam, waaronder de collectie Fodor, Zwolle 1999, Nr. 48.
5 Bert Gerlagh, Eveline Koolhaas-Grosfeld: Egbert van Drielst. 1745-1818, Ausst.-Kat. Assen, Drents Museum, Dordrecht, Dordrechts Museum, Zwolle 1995, S. 83.
6 Vgl. Jan Wolter Niemeijer: De betekenis van Drenthe voor de vernieuwing in de landschaps-schilderkunst omstreks 1800, in: Nieuwe Drenthse Volksalmanak 94, 1977, S. 69-97, S. 72–73.
7 Bert Gerlagh, Eveline Koolhaas-Grosfeld: Egbert van Drielst. 1745-1818, Ausst.-Kat. Assen, Drents Museum, Dordrecht, Dordrechts Museum, Zwolle 1995, S. 81, 83–86.
8 „…Leverde vele zijner Teekeningen af aan Duitsche Kunsthandelaars en had daardoor somtijds veel werk“, Roeland van Eijnden, Adriaan van der Willigen: Geschiedenis der vaderlandsche Schilderkunst, sedert de helft der XVIII eeuw, 4 Bde., Haarlem 1816-40, Bd. 2, S. 455.

Details about this work

Schwarze Kreide, grau und braun laviert; Einfassungslinien (Feder in Braun) 358mm x 514mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21770 Collection: KK Zeichnungen, Niederlande, 15.- 19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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