Giulio Romano (Umkreis)

Studie eines männlichen Fußes, 1532

Die Studie eines männlichen Fußes gelangte als anonyme italienische Arbeit ins Kabinett. Harzen zog mit Vorsicht Giorgio Ghisi als Zeichner in Erwägung, doch lässt sich diese Einschätzung nicht näher begründen. Der Vermerk „Fatto in Mantua 1532“ (Anm.1) verweist auf die Residenzstadt der Gonzaga als möglichen Herkunftsort der Zeichnung. Seit 1524 waren in der Herzogsstadt unter der Gesamtleitung von Giulio Romano die noch bis weit in die 1530er Jahre dauernden umfangreichen Bau- und Ausstattungsarbeiten des Palazzo del Te im Gange.(Anm.2)
Der Hamburger Fuß steht aufgrund seiner unverkennbaren Deformierung im Gegensatz zum Schönheitsideal der italienischen Renaissance, dem auch Giulio Romano in vielen seiner Werke folgte. Im Palazzo del Te entwarf er aber mit monströsen Giganten eine Gegenwelt, in der das Hässliche und Unförmige seinen Platz hat. In diesen Zusammenhang könnte die Skizze gehören, auch wenn sich auf den Fresken des Palazzo keine eindeutige Entsprechung nachweisen lässt. Ein ähnlich kraftvoller und knubbeliger Fuß ist aber z. B. auf dem Fresko „Einsturz der Halle der Giganten“ erkennbar.(Anm.3)
Detaillierte Fußstudien für den Palazzo sind von Giulio Romano offensichtlich nicht erhalten, doch zeigt z. B. sein Entwurf eines knienden Giganten einen Fuß, der ähnlich kraftvoll, allerdings weniger deformiert erscheint.(Anm.4) Besser vergleichbar mit ihren Verformungen ist z. B. die linke Hand dieses Giganten.
Auch wenn sich die Hamburger Studie in zeichentechnischer Hinsicht nicht voll überzeugend mit Giulio in Verbindung bringen lässt, so machen die thematischen und formalen Bezüge eine Herkunft aus dem Mantuaner Kunstkreis um 1530 wahrscheinlich. Daher soll die Zeichnung hier mit Vorsicht dem Umkreis von Giulio zugeordnet werden. Denkbar ist, dass hier die Arbeit eines Mitarbeiters oder Schülers vorliegt. Die Teilnehmer des Hamburger Symposiums hielten im Oktober 2005 einen derartigen Zusammenhang für sehr gut vorstellbar.(Anm.5)

David Klemm

1 Harzen selbst hat in seinem zweiten Inventar die Jahreszahl 1582 gelesen.
2 Zu Bau und Ausstattung vgl. Frederick Hartt: Giulio Romano, 2 Bde., New Haven 1958.
3 Frederick Hartt: Giulio Romano, 2 Bde., New Haven 1958, II, o. S., Abb. 337.
4 Genf, Sammlung Delon. Vgl. Giulio Romano, Ausst.-Kat. Mantua, Palazzo Tè, Mailand 1989, S. 378, mit Abb.
5 Anlässlich des Symposiums „Italienische Altmeisterzeichnungen 1450 bis 1800“ am 27. und 28. 10. 2005 im Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle.

Details about this work

Feder in Braun über schwarzem Stift, weiß gehöht auf blauem Papier; aufgezogen 144mm x 193mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21579 Collection: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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