Anonym, 2. Hälfte 16. Jahrhundert (italienisch)

Christus lehrend ("Lasset die Kindlein zu mir kommen")

Christus hatte ausdrücklich und gegen den Willen mancher Jünger gewünscht, dass man auch die Kinder zu ihm lassen solle, da seiner Auffassung nach niemand in das Reich Gottes gelange, der es nicht wie ein Kind annehmen kann (Markus 10, 13–16). Diese Lehre ist in der Zeichnung prägnant zum Ausdruck gebracht worden. Im Gegensatz zu vielen anderen Darstellungen der Szene ist hier nur ein Kind hervorgehoben, das zu dem neben ihm sitzenden Christus aufschaut. Dieser weist in einer ruhigen, aber ausdrucksstarken Geste auf das Kind, um die um ihn stehenden noch zweifelnden und grübelnden Jünger zu überzeugen. Ungewöhnlich ist, dass an diesem Ereignis keine Frauen teilnehmen, wie es in der Bibel überliefert ist. Die Szene ist in einem nicht genau erkennbaren Raum dargestellt. Säulen und Bögen deuten auf eine Tempelarchitektur hin.
Das Blatt gelangte als anonyme Zeichnung des 16. Jahrhunderts in die Sammlung und entzog sich bisher einer genaueren Zuordnung. Kompositionelle Ähnlichkeiten zeigt vor allem die Graphik des Marten de Vos, der in seinen Darstellungen von Szenen des Neuen Testaments ähnliche Gruppierungen in Innenräumen zeigt.(Anm.1) Bert W. Meijer sieht durchaus niederländische Formelemente, erkennt aber auch italienische Charakteristika, so in den Gesichtern den Einfluss Federico Zuccaris.(Anm.2) Er hält eine Entstehung im späten 16. Jahrhundert in Italien für denkbar.

David Klemm

1 Hollstein XLV, Maarten de Vos, Tafeln, Teil 1, S. 127, 303/I, S. 129, 307/II.
2 Mündliche Mitteilung auf der Grundlage einer Digitalphotographie, 2.5.2008.

Details about this work

Feder in Braun, weiß gehöht[?], auf blauem Papier 152mm x 186mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21528 Collection: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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