Giorgio Vasari

Entwurf zum Altar der Familie Vasari in Arezzo, um 1561/62

Georg Ernst Harzen schrieb das Blatt einer älteren Tradition folgend Taddeo Zuccari zu. Dieser Zuordnung schloß sich auch Erwin Panofsky an, der das Blatt erstmals publizierte. Erst Heinrich Brauer erkannte - wohl bei einem Besuch des Kabinetts - Vasaris Hand.(Anm.1) Tatsächlich handelt es sich um eine Entwurfszeichnung zum etwa zwölf Meter hohen und sieben Meter breiten Familienaltar, der sich ursprünglich in S. Maria della Pieve in Arezzo befand.(Anm.2) Vasari war hierfür zunächst nur eine Nebenkapelle, dann aber 1560 die Hauptkapelle überlassen worden. Nach einer umfassenden Umgestaltung der Kirche wurde der Altar am 15. April 1563 aufgestellt und am 25. März 1564 geweiht. Der Altar wurde 1865 an seiner alten Stelle abgebrochen und in der 1566 ebenfalls von Vasari erbauten Badia von Arezzo wiedererrichtet.
Zu dem ehrgeizigen Projekt haben sich vier Zeichnungen erhalten, von denen sich drei auf die Planungen für die Nebenkapelle beziehen. Das Hamburger Blatt zeigt dagegen bereits den fertigen Entwurf für den Altar der Hauptkapelle. Vasari hatte ursprünglich nur einen relativ einfachen Altar geplant, der - in Referenz an seinen Urgroßvater Lazzaro - eine Erweckung des Lazarus als Hauptthema aufweisen sollte. In der endgültigen Planung wurde dann anstelle des Lazarus-Themas die Darstellung der "Berufung der Söhne des Zebedäus" gewählt. Dieses Bild hatte Vasari bereits zehn Jahre zuvor für Papst Julius III. gemalt. Es war jedoch unbezahlt und unvollendet in Rom geblieben und wurde ihm erst 1561 nach langen Verhandlungen zurückerstattet. Wie Florian Härb feststellte bildet diese Rückgabe einen terminus post quem für die Entstehung der Hamburger Zeichnung, in der ja dieses Bild bereits in den geplanten Altaraufbau integriert ist. Vermutlich ist die Zeichnung im Verlauf des Jahres 1561 oder spätestens 1562 entstanden. Der Altaraufbau entspricht weitgehend dem heute vorhandenen Zustand. Vasari änderte bei der Ausführung einige Details. So wurde der unten rechts vorgesehene "Georgskampf" zum Hauptthema der Rückseite des Altars; auch variierte der Künstler die flankierenden Heiligen; schließlich setzte er anstelle der Evangelistenpaare in den Tondi Personifikationen von Fortezza und Fede ein.
Georg Ernst Harzen brachte das Blatt aufgrund der aufwendigen Rahmendekoration mit Vasaris berühmten "Libro" in Verbindung. Diese Einordnung wurde von Erwin Panofsky und auch Christian-Adolf Isermeyer aufgegriffen. Letzterer vermutete in dem Blatt aufgrund der privaten Bezüge sogar das letzte Blatt des "Libro".
Die Herkunft aus Vasaris Sammlung ist heute schwer nachvollziehbar, da dessen ursprüngliche Montierung z. T. kaschiert und übermalt worden ist. Dennoch ist durch Infrarotlicht unzweifelhaft die für Vasari typische architektonische Rahmung erkennbar.(Anm.3) Ein späterer Sammler, mit großer Wahrscheinlichkeit Everhard Jabach, ließ eine stilistisch gänzlich andere und nicht den ästethischen Vorstellungen der sechziger Jahre des 16. Jahrhunderts entsprechende ornamentale Rahmung anbringen.(Anm.4) Für Jabach ist überliefert, daß er eine große Zahl von Zeichnungen Vasaris besaß und viele davon auch neu montieren und mit neuem Rahmen versehen ließ.(Anm.5) Sicher läßt sich auch die markante Goldleiste diesem Sammler zuordnen. Sie überdeckt eine in Versalien angebrachte Nennung des Namens "GIORGIO VASARI".(Anm.6) Demnach scheint Jabach an der alten Attribution gezweifelt zu haben, so daß die Kenntnis davon bis ins frühe 20. Jahrhundert verloren ging.

David Klemm

1 Vgl. Italienische Zeichnungen 1500-1800, bearb. v. Wolf Stubbe, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1957.
2 Die folgenden Angaben folgen in vielerlei Hinsicht den ausführlichen Erörterungen von Florian Härb in Zeichnungen aus der Toskana. Das Zeitalter Michelangelos, hrsg. v. Ernst-Gerhard Güse, Alexander Perrig, Ausst.-Kat. Saarbrücken, Saarland Museum, München 1997.
3 Panofsky hielt die sichtbare Rahmung für ein Original von Vasari und die durchschimmernde Rahmung für eine "schülerhafte Architekturzeichnung"; vgl. Erwin Panofsky: Das erste Blatt aus dem „Libro“ Giorgio Vasaris, in: Städel-Jahrbuch 6, 1930, S. 25-72, S. 35, Anm.1.
4 Vgl. Zeichnungen aus der Toskana. Das Zeitalter Michelangelos, hrsg. v. Ernst-Gerhard Güse, Alexander Perrig, Ausst.-Kat. Saarbrücken, Saarland Museum, München 1997, S. 264 (Beitrag Florian Härb).
5 Ebd.
6 Die Buchstaben sind im Streiflicht eindeutig zu erkennen. Partiell schlagen die Lettern durch die brüchig gewordene Vergoldung durch.

Details about this work

Feder in Braun, braun laviert, über Spuren eines schwarzen Stiftes; die Figur des gekreuzigten Christus auf einem anderen Blatt Papier gezeichnet, ausgeschnitten und eingesetzt; die Zeichnungen wurden montiert und mit aufwendiger Rahmung versehen; ein goldgerahmter Streifen rahmt die Darstellung in einem Bogenabschluß. Eine blattgeschmückte Leiste auf einem Unterlagebogen stellt die äußere Rahmung dar. 490mm x 295mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21512 Collection: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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