Bartolomeo Passarotti (Passerotti)

Zwei Studien eines Krokodils, um 1570

Das Blatt wurde laut alter Aufschrift Salvator Rosa zugewiesen, eine Attribution, der auch Georg Ernst Harzen noch folgte. Im Hamburger Kabinett wurde die Zeichnung dann aber zu einem unbestimmten Zeitpunkt überzeugend mit Bartolomeo Passerotti in Verbindung gebracht, der eine ähnliche Federtechnik auf zahlreichen Zeichnungen verwendete. Höper und Ghirardi haben das Blatt denn auch in ihre Werkverzeichnisse bzw. Monographien aufgenommen.
Das ungewöhnliche Motiv erklärt sich aus Passerottis umfassendem Interesse an den verschiedensten Dingen und Erscheinungsformen der Welt. Als ambitionierter Sammler trug er nicht nur Gemälde, sondern auch kostbare Kameen, antike Medaillen und Reliefs zusammen.(Anm.1) Diese Werke hatte er in einer Art Kunstkammer untergebracht.
Möglicherweise besaß der Künstler auch das Präparat einer Echse, das er – vielleicht als stolzer Besitzer – mehrfach dokumentierte. Das Hamburger Blatt war ursprünglich wohl noch größer. Denn eine weitere Studie eines Krokodils in der Sammlung von Robert Witt zeigt sicher dasselbe „Modell“ – diesmal von links.(Anm.2) Beide Blätter sind fast gleich breit und weisen leicht konkav bzw. konvex geformte Begrenzungen auf, die sich ohne große Lücken zusammenfügen ließen. Es kann demnach davon ausgegangen werden, dass Passerotti das Krokodil ursprünglich in drei verschiedenen Positionen gezeichnet hat: von links, von rechts und auf dem Rücken liegend.(Anm.3) In seiner ursprünglichen Größe zählte die Zeichnung zu den bemerkenswertesten Tierdarstellungen des 16. Jahrhunderts in Italien.
Das Interesse Passerottis an außergewöhnlichen Tieren zeigt auch ein 1978 im Auktionshandel angebotenes Blatt mit zwei Studien eines monströsen Fischkopfes mit langem Rüssel.(Anm.4) Sämtliche erwähnten Blätter stammen aus der Sammlung von George John, 2nd Earl Spencer. Sie bildeten wohl ehemals ein Konvolut, wurden dann aber 1811 in London auf der Auktion Spencer verstreut.
In Stockholm befinden sich kleinteiliger und mit dünnerer Feder gezeichnete Studien von Tieren – Kamel, Bison, Eule –, die zurecht als Arbeiten der Passerotti-Schule eingestuft werden.(Anm.5)

David Klemm

1 Eckhard Schaar, in: Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, bearb. v. Eckhard Schaar unter Mitarbeit v. David Klemm, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Ostfildern-Ruit 1997, S. 101.
2 Eine Photographie in der Witt-Library dokumentiert dieses Blatt. Der heutige Aufbewahrungsort ist nicht bekannt. Maße: 133 x 395 mm. Die Zeichnung weist den Vermerk auf: „Lot 548. Lord Spenser’s(!) sale, apparently the sale (anonymus) in London, 13–17 June 1811“.
3 Schaar ging im Italienische Zeichnungen der Renaissance aus dem Kupferstichkabinett der Hamburger Kunsthalle, bearb. v. Eckhard Schaar unter Mitarbeit v. David Klemm, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Ostfildern-Ruit 1997, S. 101, davon aus, dass es sich um eine seitenverkehrte Wiederholung des oberen Hamburger Krokodils handelt.
4 Aukt.-Kat. London, Sotheby’s, Old Master Drawings, 7. 12. 1978, S. 15, Nr. 37, Abb. S. 77.
5 Stockholm, Nationalmuseum, Inv.-Nr. NM 930/1863, NM 933/1863; NM 934/1863, NM 936/1863; vgl. Italian Drawings: Florence, Siena, Modena, Bologna. Drawings in Swedish Public Collections 8, Nationalmuseum Stockholm, bearb. v. Per Bjurström, Catherine Loisel, Elizabeth Pilliod, Stockholm 2002, o. S., Nr. 1263–1267.

Details about this work

Kielfeder in Braun; auf farblich angepaßtem Untersatzkarton montiert und mit aufwendiger Rahmung versehen 248mm x 420mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21403 Collection: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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