Anonym (italienisch, 16. Jh.)

Gastmahl

Das Blatt erinnert allgemein an die „Gastmahlbilder“, die sich vor allem im 16. Jahrhundert im oberitalienischen Raum größerer Beliebtheit erfreuten. Dabei handelte es sich zumeist um vielfigurige Darstellungen biblischer Festmahle wie dem Abendmahl oder der Hochzeit von Kana, die in mehr oder weniger aufwendig gestalteten Architekturen inszeniert wurden.
Georg Ernst Harzen schrieb das Blatt – wohl auch verleitet durch eine alte Inschrift – Jacopo Bassano zu. Tatsächlich gibt es von diesem und anderen Mitgliedern seiner Familie zahlreiche Speisedarstellungen.(Anm.1) Diese sind allesamt weniger höfisch als vielmehr bäurisch-ländlich angelegt. Und da auch zeichentechnisch keinerlei Bezüge zu Arbeiten der Bassano im Allgemeinen und Jacopo Bassano im Speziellen bestehen, ist die von Harzen eingeführte Zuschreibung zurecht schon seit längerem in der Hamburger Kunsthalle abgelehnt worden.(Anm.2)
Unzweideutig steht die Zeichnung dagegen den im 16. Jahrhundert weithin berühmten Werken Paolo Veroneses nahe. John Gere wollte in dem Blatt ganz konkret eine Kopie nach einem Werk des Meisters erkennen, doch lässt sich kein Gemälde oder Fresko mit dieser Komposition nachweisen.(Anm.3) Die überlieferten, häufig großformatigen Darstellungen Veroneses weisen allerdings ähnliche Kompositionselemente – wie die Gruppe der an einem Tisch sitzenden Männer oder die stehenden Personen mit Gläsern – auf. Sehr ähnlich ist die Gruppe des Mannes, der einen Hund krault, auf einem Gemälde im Prado angelegt.(Anm.4) Mit großer Wahrscheinlichkeit bildet das Blatt nur den Teil einer größeren Szenerie, da z. B. die Figur im Vordergrund lediglich fragmentarisch wiedergegeben wurde. Möglicherweise dokumentiert es somit eine verlorene Komposition Veroneses; Werke des Künstlers wurden bereits im 16. Jahrhundert relativ häufig nachgezeichnet.(Anm.5) Für eine Kopie würden auch das Fehlen von Pentimenti und die ausgereifte Komposition sprechen. Die lockere und luftige Zeichenweise stehen hierzu nicht im Widerspruch, könnte sie doch auf einen souveränen Nachzeichner hindeuten. Nicht auszuschließen ist jedoch auch, dass hier eine Nachahmung vorliegt, bei der die Komposition, nicht aber der Zeichenstil an Veronese erinnert.

David Klemm

1 Los Bassano en la Espana del Siglo de Oro, Ausst.-Kat. Madrid, Museo nacional del Prado, Madrid 2001, S. 66–76.
2 Vgl. Jacopo Bassano, hrsg. v. Beverly Louise Brown, Paola Marini, Ausst.-Kat. Bassano del Grappa, Museo Civico, Fort Worth, Kimbell Art Museum, Bologna 1992, vor allem S. 209ff.
3 Laut einer Notiz im Archiv des Kupferstichkabinetts.
4 Madrid, Prado, Inv.-Nr. 494; Terisio Pignatti: Veronese, 2 Bde., Venedig 1976 , I, S. 192, Nr. A 172.
5 Bert W. Meijer: Per la fortuna di Paolo Veronese fino al 1664, in: Ausst.-Kat. Veronese e Verona, hrsg. v. Sergio Marinelli, Verona, Museo di Castelvecchio, Verona 1988, S. 109-123, S. 109–124.






Das Blatt erinnert allgemein an die "Gastmahlbilder", die sich vor allem im 16. Jahrhundert im oberitalienischen Raum größerer Beliebtheit erfreuten. Dabei handelte es sich zumeist um vielfigurige Darstellungen biblischer Festmahle - wie z. B. dem Abendmahl oder der Hochzeit von Kana, die in mehr oder weniger aufwändig gestalteten Architekturen inszeniert wurden.
Georg Ernst Harzen schrieb das Blatt - wohl auch verleitet durch eine alte Inschrift - Jacopo Bassano zu. Tatsächlich gibt es von diesem und anderen Mitgliedern der Familie Bassano zahlreiche Speisedarstellungen.(FN1) Diese sind allesamt weniger höfisch als vielmehr bäurisch-ländlich angelegt. Und da auch zeichentechnisch keinerlei Bezüge zu Arbeiten der Bassano im Allgemeinen und von Jacopo Bassano im Speziellen bestehen, ist die von Harzen eingeführte Zuschreibung zurecht schon seit längerem in der Kunsthalle abgelehnt worden.(FN2)
Unzweideutig steht die Zeichnung dagegen den im 16. Jahrhundert weithin berühmten Werken Paolo Veroneses nahe. John Gere wollte in dem Blatt ganz konkret eine Kopie nach einem Werk des Meisters erkennen, doch läßt sich heute kein Gemälde oder Fresko mit dieser Komposition nachweisen.(FN3) Die überlieferten, häufig großformatigen Darstellungen Veroneses weisen allerdings ähnliche Kompositionselemente - wie die Gruppe der an einem Tisch sitzenden Männer oder die stehenden Personen mit Gläsern - auf. Sehr ähnlich ist z. B. die Gruppe des Mannes, der einen Hund krault, auf einem Gemälde im Prado angelegt.(FN4) Mit großer Wahrscheinlichkeit bildet das Blatt nur den Teil einer größeren Szenerie, da z. B. die Figur im Vordergrund lediglich fragmentarisch wiedergegeben wurde. Möglicherweise dokumentiert es somit eine verlorene Komposition Veroneses; Werke des Künstlers wurden bereits im 16. Jahrhundert relativ häufig nachgezeichnet.(FN5) Für eine Kopie würden das Fehlen von Pentimenti, die ausgereifte Komposition und der ganz offensichtlich fragmentarische Charakter der Wiedergabe sprechen. Die lockere und luftige Zeichenweise stehen hierzu nicht im Widerspruch, könnte sie doch auf einen souveränen Nachzeichner hindeuten. Nicht auszuschließen ist jedoch auch, daß hier eine Nachahmung vorliegt, bei der die Komposition, nicht aber der Zeichenstil an Veronese erinnert.

(FN1) Ausst.-Kat. Madrid 2001, S. 66-76.
(FN2) Vgl. Ausst.-Kat. Ausst.-Kat. Bassano del Grappa/Fort Worth 1992, vor allem S. 209ff..
(FN3) Laut einer Notiz im Archiv des Kupferstichkabinetts.
(FN4) Madrid, Prado, Inv.Nr. 494; Pignatti 1976, Band 1, S. 192, Nr. A 172.
(FN5) Meijer 1988, S. 109-124.

Details about this work

Feder in Braun, hellbraun laviert, über schwarzem Stift; aufgezogen 280mm x 192mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21362 Collection: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang

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