Ottavio Leoni

Bildnis der Signora Verginia Maggiori, 1615

Ottavio Leoni zählte laut Giovanni Baglione zu den begabtesten Porträtisten seiner Zeit.(Anm.1) Charakteristisch für Leoni ist der Gebrauch von schwarzer und roter Kreide mit Weißhöhungen auf koloriertem, häufig bläulich, türkisfarbenem Papier. Diese Technik hatte wenige Jahre zuvor auch Federico Zuccari für seine Porträts benutzt. Die auf dem Blatt erkennbare Beschränkung auf schwarze Kreide und dezente Weißhöhung als Darstellungsmittel ist bei Leoni offenbar kein Einzelfall. Sie findet sich etwa auch auf dem im Mai 1615 datierten Porträt des Monsignore Porta.(Anm.2)
Interessanterweise hat Leoni eine große Anzahl seiner Porträtzeichnungen sein ganzes Leben lang bewahrt. Offenbar hat er sie spätestens seit Januar 1615 konsequent nummeriert und Monat und Jahr der Entstehung festgehalten.(Anm.3) Die Beschriftung mit der Ziffer „6“ belegt, dass die Hamburger Zeichnung zu den frühesten Blättern dieser Gruppe gehört. Bislang ist keine Zeichnung mit einer niedrigeren Nummer nachweisbar.(Anm.4) Insgesamt lassen sich über 240 nummerierte Porträts benennen, wobei deren Anzahl aufgrund der höchsten nachweisbaren Ziffer „434“ ehemals viel größer gewesen ist. Nimmt man noch die über 270 nicht beschrifteten Porträts des Künstlers hinzu, so hat Leoni über 700 Zeitgenossen festgehalten. Darunter befinden sich bedeutende Päpste, Kardinäle, Gelehrte und Künstler (u. a. Caravaggio, Bernini, Galilei) aber auch weniger bekannter Personen. Bei weitem nicht in allen Fällen konnte bislang die Identität der Dargestellten festgestellt werden, denn der Künstler hat nur vereinzelt den Namen der Porträtierten auf Recto oder Verso vermerkt. Nach Ablösen des aufgezogenen Blattes 2007 kam auf dem Verso des Hamburger Blattes der Schriftzug „Sig.ra Verginia Maggiori“ zum Vorschein. Damit ist die Dargestellte zwar namentlich greifbar, es konnten aber keine weiteren Informationen über sie ermittelt werden.
Leoni vererbte die von ihm bewahrten Porträtzeichnungen seinem Sohn Ippolito, offenbar um diesen mit geeignetem Studienmaterial zu versorgen. Ippolito hat den Bestand dann aber innerhalb einer Woche nach dem Tod des Vaters an den großen Kunstsammler Scipione Borghese verkauft. Nach dessen Tod gelangte das Konvolut in den Besitz von dessen Erben, Prinz Marcantonio.(Anm.5) Mit großer Wahrscheinlichkeit stammt auch das Hamburger Blatt aus diesem Bestand. Laut Pierre-Jean Mariette gelangten die Borghese-Zeichnungen an M. d’Aubigny und wurden 1747 in Paris verkauft.

David Klemm

1 Giovanni Baglione: Le vite de’pittori, scultori et architetti. Dal Pontificato di Gregorio XIII. del 1572. In fino a tempi di Papa Vrbano Ottauo nel 1642 […], Rom 1642, hrsg. v. Vincenzo Mariani, Rom 1934, S. 321.
2 Italienische Meisterzeichnungen vom 14. bis zum 18. Jahrhundert aus amerikanischem Besitz. Die Sammlung Janos Scholz, New York, Ausst.-Kat. Hamburger Kunsthalle, Hamburg 1963, S. 23, Nr. 84.
3 Zu dieser speziellen Art der Beschriftung vgl. Die italienischen und französischen Handzeichnungen im Kupferstichkabinett der Landesgalerie, bearb. v. Meinolf Trudzinski, Hannover 1987, S. 91–92.
4 Ebd., S. 92.
5 Carmen Roxanne Robbin: Scipione Borghese’s acquisition of paintings and drawings by Ottavio Leoni, in: The Burlington Magazine 138, 1996, Nr. 1120, S. 453-458.

Details about this work

Schwarze Kreide, leicht weiß gehöht, auf bläulichem Papier; aufgezogen; Einfassungslinie (Feder in Schwarz) 229mm x 152mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21233 Collection: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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