Andrea Casalini

Vorzeichnung zur linken Beinschiene vom Prunkharnisch des Alessandro Farnese, 1576-80

Die detailreiche Darstellung einer Beinschiene gehört zu den wenigen kunsthandwerklichen Entwürfen in der Hamburger Sammlung. Sie stellt eine genaue Vorzeichnung für die linke Beinschiene der Rüstung des Feldherrn Alessandro Farnese (1545–1592) dar, die heute im Kunsthistorischen Museum in Wien bewahrt wird.(Anm.1) Dieser Prunkharnisch wurde vom sogenannten Meister der Farnese-Rüstung in Mailand um 1576/80 gearbeitet. Der Plattner ist nicht genau bestimmbar, doch wurde wiederholt Lucio Piccinino vorgeschlagen.(Anm.2)
Insgesamt lassen sich heute zehn Vorzeichnungen für die Rüstung ausmachen: Neben dem Hamburger Blatt befinden sich weitere Blätter in Paris, New York und Wien sowie in europäischen und amerikanischen Privatsammlungen.(Anm.3) Sie sind allesamt in ähnlich aufwendiger Technik detailreich ausgeführt.
Georg Ernst Harzen vermutete wohl aufgrund des allgemeinen Bezuges zur Goldschmiedekunst Benvenuto Cellini als Urheber, doch blieb diese Zuschreibung in den folgenden Jahrzehnten nicht unbestritten. Die Vorschläge reichten von der Schule von Fontainebleau bis zu einem Mailänder Künstler im Umkreis des Plattners Lucio Piccinino. Auch wurden Künstler aus Parma, Mantua oder aus Flandern in Erwägung gezogen. Unter den genannten befanden sich auch so namhafte Künstler wie Giulio Romano oder Federico Zuccari. Dank der Archivstudien von Silvio Leydi kann heute mit großer Sicherheit der am Hof von Parma tätige Goldschmied Andrea Casalini als Entwerfer angenommen werden.(Anm.4) Interessanterweise wurde er offensichtlich nicht von Alessandro, sondern von Ottavio Farnese (1524–1586) beauftragt.
Auch wenn die erhaltenen Zeichnungen nicht die komplette Rüstung wiedergeben, so vermitteln sie doch einen genauen Einblick in die künstlerischen Vorstellungen und zeichnerischen Fähigkeiten Casalinis. Unverkennbar ist sein zeichnerisches Talent und seine überbordende gestalterische Fantasie. Casalini versah die einzelnen Teile mit zahlreichen Figuren, Masken, Menschtierwesen und Ornamenten, was bei der praktischen Umsetzung der Entwürfe zu einigen Schwierigkeiten führte.(Anm.5) So mussten die Vorstellungen Casalinis vom Plattner in mehreren Details den technischen Erfordernissen angepasst werden. Beispielsweise wurde die stark plastische Maske am unteren Rand weggelassen, da dort für die Beugung des Fußes ein Geschübe einzufügen war. Hinzu traten motivische Veränderungen. So wandelte der Plattner im Streifen an der linken Außenseite die weibliche Figur in einen Krieger um und paßte sie in der Haltung der entsprechenden Figur auf der Vorderseite an. Die Innenseite erhielt in der Ausführung reichen Schmuck, der im Entwurf nicht vorgesehen ist. Insgesamt musste vom Plattner ein weniger starkes Relief gewählt werden.

David Klemm

1 Parures Triomphales. Le maniérisme dans l’art de l’armure italienne, hrsg. von José-A. Godoy, Silvio Leydi, Ausst.-Kat. Genf, Musée Rath, Mailand 2003, S. 479–480.
2 Ebd.
3 Parures Triomphales. Le maniérisme dans l’art de l’armure italienne, hrsg. von José-A. Godoy, Silvio Leydi, Ausst.-Kat. Genf, Musée Rath, Mailand 2003, S. 481. Wien, Kunsthistorisches Museum, Inv.-Nrn. K 5345-K 5347; New York, The Metropolitan Museum of Art, Purchase, Fletcher Fund and Gift of William H. Riggs, by exchange 1993; Inv.-Nr. 1993-234; Paris, Bibliothèque Nationale de France, Armet, Inv.-Nr. Rés. B 11a.
4 Parures Triomphales. Le maniérisme dans l’art de l’armure italienne, hrsg. von José-A. Godoy, Silvio Leydi, Ausst.-Kat. Genf, Musée Rath, Mailand 2003, S. 481.
5 Ebd., S. 482.

Details about this work

Feder in Braun, braun und blau aquarelliert; aufgezogen 315mm x 150mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21162 Collection: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Elke Walford und Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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