Stefano della Bella

Drei Studien

Das Blatt zeigt drei Skizzen in der für Stefano della Bella unverwechselbaren feinen Federtechnik, wie sie im zarten Frauenbildnis oben erkennbar ist. Ebenso charakteristisch für den Künstler ist die virtuose, mit großer Vehemenz durchgeführte Entwicklung von Bildideen, wie sie die Szene links unten mit Satyr und Kind zeigt. Hier hat della Bella sogar die Figur des Kindes angestückt und dann überarbeitet. Von der Virtuosität gut vergleichbar ist ein Blatt in Rom mit der Darstellung einer Mutter mit zwei Kindern.(Anm. 1) Bei der männlichen Figur rechts hatte della Bella zunächst einen kleinen bärtigen Kopf im Profil vorgesehen, diesen dann aber nicht weiter ausgeführt, sondern in einen größeren Kopf eingebunden.
Zwei der drei Skizzen hat della Bella weiter verwendet. Die Gruppe mit dem Satyrn diente ihm als Vorstudie für den Hintergrund der Radierung „Zwei Kinder spielen mit einer Ziege“.(Anm. 2) Die Grundidee eines ein Kind haltenden Satyrs ist bereits weit entwickelt, doch ist bei der Ausführung vor allem die Position des Ziegenbockes verändert worden. Im zeichnerischen Nachlaß finden sich häufiger ähnliche Kinderdarstellungen. Eine Studie eines Satyrs mit einem Kind auf der Schulter wird in Rom bewahrt.(Anm. 3)
Der über die Schulter skizzierte Mann könnte eine Ideenskizze für Bellas Fries mit dem Kampf der Meerwesen sein.(Anm. 4) Auch dort finden sich kraftvolle Männer vom Rücken her dargestellt.
Georg Ernst Harzen erwarb 1838 auf der Nachlassauktion der Sammlung Robert-Dumesnil insgesamt sechzehn Zeichnungen della Bellas, die auf drei Bögen montiert waren. Einzig dies vorliegende Beispiel gelangte in den Besitz der Kunsthalle. Weitere Blätter mit zu Gruppen montierten Zeichnungen des Künstlers finden sich in Paris (Anm. 5) und Dijon (Anm. 6). Diese sind im Unterschied zum Hamburger Blatt in eine strengere, geradere Rahmenordnung eingebunden. Übereinstimmend sind der graue Fond der Blätter und vor allem die Art, in der der Künstlername angegeben wurde. Dies macht die gemeinsame Herkunft aus einer bislang nicht näher bestimmbaren Sammlung wahrscheinlich. Die eindeutigen Beziehungen nach Frankreich deuten darauf hin, dass Bella als Zeichner dort stets große Wertschätzung genoss.(Anm. 7)

David Klemm

1 Rom, Istituto per la Grafica, Gabinetto Nazionale delle Stampe, Inv.-Nr. F.C. 125994.
2 Alexandre de Vesme, Phyllis Dearborn Massar: Stefano della Bella. Catalogue Raisonné, Alexandre de Vesme with Introduction and Additions by Phyllis Dearborn Massar, New York 1971, S. 36, Nr. 102.
3 Rom, Gabinetto Nazionale delle Stampe, Inv.-Nr. F.C. 126035.
4 Vesme/Massar 1971, S. 218, Nr. 999.
5 Paris, Bibliothèque nationale de France, Départment des Estampes et de la Photographie, Réserve, Collection Destailleur, Volumes sur Paris, Vol. III, Nr. 391. Vgl. Stefano della Bella 1610-1664, Ausst.-Kat. Caen, Musée des Beaux-Arts, Paris 1998, S. 74 mit Abb.
6 Dijon, Musée des Beaux-Arts, Inv.-Nr. CA 773; Guillaume 2004, S. 34-35, Nr. 25.
7 Ein weiteres Beispiel für diese spezielle Art der Montierung befand sich ehemals in der Sammlung A.-Ch.-H. His de La Salle, womit sich die ursprüngliche Herkunft aus französischem Besitz bestätigt.

Details about this work

Oben: Feder in Braun (Maße: 49 x 89 mm, unregelmäßig beschnitten); unterhalb davon links: Feder in Braun über schwarzer Kreide(?), grau laviert (Maße: 90x 71 mm, Ecken schräg beschnitten; die rechte Hälfte wohl von della Bella später angefügt); der untere Teil des Ziegenbocks von späterer Hand bei der Montierung des Blattes ergänzt; rechts: Feder in Braun über schwarzer Kreide(?) (Maße: 90 x 67 mm, Ecken schräg beschnitten); alt montiert Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 21071 Collection: KK Zeichnungen, Italien, 15.-19. Jh. © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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