Pierre-Paul Prud'hon
Entwurf für den Figurenfries im Dreiecksgiebel über dem Portal des Hôtel-Dieu in Paris: Caritas, Aeskulap, Hygieia empfangen die Kranmken, rechts dahinter die drei Parzen, 1803/04
Diese Zeichnung ist eine vorbereitende Studie, die Prud'hon 1804 für Nicolas Frochot, dem Präfekten des Departements Seine, als Vorbereitung auf ein bildhauerisches Projekt, einen GIebel über dem Eingang des Hôtel-Dieu in Paris, schuf. Das Krankenhaus war von dem Architekten Nicolas-Marie Clavareau (1757-1816) umgebaut worden, der ursprünglich einen neuen Eingang mit einem skulpturalen Dreiecksgiebel geplant hatte. Obwohl das Projekt nie verwirklicht wurde, fertigte der Bildhauer Claude Ramey (1754-1838), ein Mitarbeiter Prud`hons, ein Modell in Gips an. Es ist sowohl von Prud`hon, wie von Ramey signiert und 1804 datiert und befindet sich heute, wie die Hamburger Zeichnung aus der Familie Dailly stammend, im Musée Carnavalet in Paris. (Anm. 1)
Prud'hons Entwurf zeigt die Götter und Göttinnen, die für die Funktion des Krankenhauses relevant sind. In der Mitte steht für die Medizin sitzend auf einem Stuhl Äskulap, der seinen Stab hält. Er und Hygieia, die sich hinter ihm auf den Stuhl lehnt, schauen auf die Personifikation der Caritas, die sich den Kranken, eine am Boden liegende Frau und zwei Männern, auf der linke Seite zuwendet. Auf der rechten Seite des Giebels sind die drei Parzen dargestellt, die das Schicksal und die Lebensspanne des Menschen bestimmen. Während Clotho den Spinnrocken und Lachesis die Spindel hält, ist Atropos, die über das Durchtrennen des Lebensfadens entscheidet, ganz rechts im Sitzen schlafend zu sehen.
Erwähnt sei, dass sich um die Zeichnung Prud`hons handeln soll, die bereits 1874 auf der Ausstellung des Künstlers in der École des Beaux-Arts in Paris zu sehen war (Anm. 2) und die Concourt 1876 (Anm. 3) erwähnt. Sie ist auch bei Guiffrey 1924 (Anm. 4) aufgeführt, dort werden erstmals Maße angegeben, die gegenüber dem vorliegenden Blatt allerdings abweichen; die Hamburger Zeichnung scheint größer zu sein oder es handelt sich um einen Übertragungsfehler bei Guerin. Es ist nicht endgültig zu klären ist, ob es sich wirklich um die in der Literatur und in den überlieferten Sammlungen handelt, wie allgemein angenommen und von Sylvain Lavassière bestätigt, oder ob hier eine weitere, bislang unbekannt Version vorliegt.
Andreas Stolzenburg
1 Zum architektonischen Projekt siehe Philippe Sorel: Un projet de Fronton pour l`ancien Hôtel-Dieu de Paris, in: Gazette des Beaux-Arts 133 (1991), Bd. 118, Nr. 1473, S. 139-146, mit Abb. des Gipsmodels auf S. 139, Abb. 1 und S. 142-143, Abb. 5 und 6.
2 Exposition des Oeuvres de Prud`hon au profit de sa fille, Ausst.-Kat, Paris, École des Beaux-Arts, Paris 1874, S. 77, Nr. 232.
3 Edmond de Concourt: Catalogue raisonné de l`œuvre peint, dessiné et gravé de P.-P. Prud`hon, Paris 1876, S. 199-200.
4 Jean Guiffrey: L`Œuvre de P.-P. Prud`hon, Paris 1924, S. 342-343, Nr. 910 ("Crayons noir et blanc sur papier gris. H. 0,17; L. 0,225.").
XXX Zur Zeit ist ein kritischer Bestandskatalog der ca. 350 französischen Zeichnungen des Kupferstichkabinetts der Hamburger Kunsthalle in Vorbereitung. Für eventuelle Hinweise bezüglich Zuschreibung, Ikonographie, Datierungen, Dokumente sowie Literatur zu den einzelnen Zeichnungen wäre ich sehr dankbar. XXX
XXX A critical catalogue of the approximately 350 French drawings in the Kupferstichkabinett of the Hamburger Kunsthalle is currently in preparation. I would be very grateful for any information regarding attribution, iconography, dating, documents and literature on the individual drawings. XXX
XXX Un catalogue critique des quelque 350 dessins français du Kupferstichkabinett de la Hamburger Kunsthalle est actuellement en préparation. Je serais très reconnaissant pour d'éventuelles indications concernant l'attribution, l'iconographie, les datations, les documents ainsi que la littérature sur les différents dessins. XXX
Dr. Andreas Stolzenburg
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