Max Liebermann, Zeichner

Die Weberei in Laren, 1897

Die Kohlezeichnung ist eine Vorstudie zu dem Gemälde „Weberei in Laren“ aus dem Jahr 1897 (Schweinfurt, Museum Georg Schäfer), zu dem die Hamburger Kunsthalle eine Ölstudie besitzt (Inv. Nr. 5591). Seit 1882 hat sich Liebermann wiederholt in Gemälden und Studien mit dem Motiv der Weber beschäftigt. Während die früheren Darstellungen noch die Arbeit der Weber in der drangvollen Enge ihrer Werkstatt in einer gewissen Verklärung schildern, reduziert Liebermann hier die Ansicht auf den niedrigen Raum und die Präsenz der Maschinen. Fast menschenleer wirkt die Halle, nur im Vordergrund erkennt man die schemenhaften Umrisse eines Jungen, der Garn aufspult. Die starken Schraffuren der Kohlezeichnung, der Wechsel zwischen hellen und dunklen Tonlagen schaffen eine Atmosphäre der Verlassenheit, wobei die rotierende Bewegung der Webstühle sich unmittelbar auf den Raum zu übertragen scheint.
Mit der „Weberei in Laren“ knüpfte Liebermann thematisch an seine frühen Werke an, in denen er mit Vorliebe die täglichen Arbeitsvorgänge der Menschen, ihr Eingebundensein in die Rythmen einer sich stets wiederholenden Tätigkeit schilderte. Dabei ging es ihm weniger um die soziale Anklage als um eine unpathetische, realistische Darstellung der Alltagswirklichkeit. Nicht ohne Poesie, jedoch immer mit einer gewissen Distanz zu den Motiven, war es die Ästhetik der „einfachen Wahrheit“, die er in den ruhigen, stillen Bildern dieser Jahre festhielt (zit. nach Ausst.-Kat. Max Liebermann. Der Realist und die Phantasie, Hamburger Kunsthalle 1997, S. 79). Meist zog die Bildfindung sich in einem über Monate dauernden Prozeß hin. Dabei diente Liebermann die Zeichnung vor allem als Annäherung an ein Motiv: „In der Zeichnung als der unmittelbarsten Niederschrift des künstlerischen Gedankens offenbart sich die Phantasie des Künstlers reiner und klarer als im vollendeten Bilde. (...) Der Zeichenstift folgt jeder momentanen Regung, jeder Stimmung und Laune des künstlerischen Schaffenstriebes: ihr vertraut der Künstler wie in einem Tagebuche die Geheimnisse seines Herzens an (...). Die Zeichnung kann nicht nur alles, sondern sie darf auch alles. In viel höherem Maße als das vollendet Werk ist die Zeichnung das Bekenntnis des Urhebers“ (M. Liebermann: Die Phantasie in der Malerei, Frankfurt am Main 1978, S. 240).

Petera Roettig

Details about this work

Kohle 255mm x 369mm (Blatt) Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett Inv. Nr.: 1997-3 Collection: KK Zeichnungen, Deutschland, 1850-1900 © Hamburger Kunsthalle / bpk Foto: Christoph Irrgang, CC-BY-NC-SA 4.0

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